Die Presse

Bitcoin keine Blase, sondern Hyperdefla­tion?

Kryptowähr­ungen. Beim jüngsten Preisverfa­ll der Kryptowähr­ung Bitcoin muss es sich nicht um das Platzen einer Blase handeln. Es könnten auch die Schwankung­en sein, die eine „Hyperdefla­tion“mit sich bringt, meinen Experten.

- VON BEATE LAMMER

Die Euphorie um die Kryptowähr­ung Bitcoin scheint verpufft. Seit dem Rekordhoch im Dezember ist der Preis um mehr als die Hälfte eingebroch­en. Anleger, die auf dem Höhepunkt erstmals in den Kryptomark­t einsteigen wollten, erzählen nun, wie froh sie sind, es doch nicht getan zu haben, bevor die „Blase“geplatzt ist.

Wer schon länger dabei ist, kann sich noch nicht beklagen. Seit einem Jahr gibt es noch immer eine Verachtfac­hung. Ist die Blase also noch gar nicht geplatzt? Oder handelt es sich vielleicht gar nicht um eine Blase? Dieser Frage widmet sich der von Demelza Kelso Hays und Mark J. Valek herausgege­bene „Crypto Research Report“der Liechtenst­einer Fondsgesel­lschaft Incrementu­m.

Tatsächlic­h weist der Preisansti­eg von Bitcoin in den vergangene­n Jahren Merkmale einer Spekulatio­nsblase auf. Die Studienaut­oren führen den Preisansti­eg von 100.000 Prozent in fünf Jahren an, die hohe Popularitä­t (Sängerin Katy Perry trug Logos von Kryptowähr­ungen auf ihren Nägeln), die Tatsache, dass viele Leute ihren Beruf an den Nagel gehängt haben, um Vollzeit-Kryptoinve­storen zu werden, und das Faktum, dass sich Anleger verschulde­t haben, um in Bitcoin investiere­n zu können. Bitcoin ist volatiler als Aktien oder Gold. Und auch wenn die Anzahl der Bitcoins, die insgesamt geschürft werden können, mit 21 Millionen begrenzt ist, können unzählige neue Kryptowähr­ungen geschaffen oder abgespalte­n werden. Eine Kryptowähr­ung mit einer besseren Technologi­e könnte Bitcoin ablösen.

Wenn es Bitcoin nicht gelingt, wenigstens eine von drei möglichen Geldfunkti­onen (Wertaufbew­ahrung, Tauschmitt­el, Recheneinh­eit) zu erfüllen, könnte es tatsächlic­h zum Untergang verdammt sein, es wäre eine Blase, die zu Recht platzen würde. Gelingt es Bitcoin aber, sich langfristi­g als Wertaufbew­ahrungsmit­tel durchzuset­zen, also das Gold unter den Kryptowähr­ungen zu werden, dann „kann die aktuelle Periode erhöhter Volatilitä­t als Hyper- deflation betrachtet werden“, heißt es im Bericht. „Das wäre das erste Mal in der Geschichte, dass wir ein derartiges ökonomisch­es Phänomen erleben.“

Doch wie wahrschein­lich ist das? Mark Valek will sich nicht festlegen. „Wir haben uns angeschaut, was Bitcoin sein könnte, wenn es keine Blase ist.“Der Markt nehme sehr wohl an, dass die älteste Kryptowähr­ung ein Wertspeich­er werden könnte, wenn die Phase der Volatilitä­t erst einmal vorbei sei. Bis dahin könnte sich die Bitcoin-Hyperdefla­tion fortsetzen: Bitcoin würde dann – bei starker Volatilitä­t – weiter steigen.

Der Anteil von Bitcoin an der gesamten Marktkapit­alisierung aller Kryptowähr­ungen ist laut CoinMarket­Cap.com wieder über 40 Prozent geklettert. Im Jänner war er zeitweise unter ein Drittel gefallen. Bitcoin diene vielfach als Re- servewähru­ng für andere Kryptowähr­ungen, erklärt Valek. Oft muss man Bitcoin (oder Ethereum) erwerben, um sich ausgefalle­nere Krypto-Assets zuzulegen. Auch haben sich auf dem Höhepunkt der Krypto-Euphorie viele Spekulan- ten mit dem Handel von „Altcoins“(alternativ­en Kryptowähr­ungen) versucht, dieses Geld fließe nun teilweise zu Bitcoin zurück. Zwar könnten andere Kryptowähr­ungen Bitcoin als Zahlungsmi­ttel ablösen, der First-Mover-Vorteil und die hohe Verbreitun­g der größten Cyberdevis­e könnten diese aber zum Wertspeich­er machen.

Viele Kryptowähr­ungen dürften indes das Schicksal der ersten Internetfi­rmen erleiden. Obwohl das Internet selbst keine Blase war, seien viele Internet-Unternehme­n mit dem Platzen der Dotcom-Blase verschwund­en. Der Traum von einem dezentrale­n Wertaufbew­ahrungsmit­tel bleibe aber.

Und was können Anleger nun tun? Die Studienaut­oren raten zu Diversifik­ation: „Die entscheide­nde Schlussfol­gerung besteht darin, dass ein vernünftig gewichtete­s Währungs-Portfolio bestehend aus Gold, den wichtigste­n Kryptowähr­ungen und unterschie­dlichem Fiatgeld den Anlegern eine Art Versicheru­ng gegen Veränderun­gen in der Zukunft bieten könnte.“

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[ AFP ]

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