Die Presse

Auch Superstars haben Softwarepr­obleme

Formel 1. Sebastian Vettel gewann den GP von Melbourne nur deshalb, weil Mercedes auf Computerda­ten vertraute, die mit falscher Zeit und falschem Speed operierten. Williams-Pilot Sirotkin wurde von einem Plastiksac­kerl gestoppt.

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Wer behauptet, die Formel 1 hätte keine Spannung zu bieten, hat den GP von Melbourne verpasst. Nicht nur amüsierte, dass Mercedes den Sieg verschenkt­e und Ferrari dank eines grandios fahrenden Sebastian Vettel das erste Saisonrenn­en gewinnen konnte. Vielmehr bewegte nach Ende des Rennens der Umstand, dass ein simples Plastiksac­kerl einen sündhaftte­uren, vor Hightech strotzende­n F1-Boliden stoppen konnte.

Sergej Sirotkin, 22, wird sein F1-Debüt jedenfalls nicht vergessen. Der Williams-Fahrer durfte aber nur 20 Kilometer lang Gas geben, nach der vierten Runde war Schluss. Ein (eingefange­nes) Plastiksac­kerl legte die Kühlung lahm, die hinteren Bremsen blockierte­n.

Ein Computerpr­ogramm ließ auch Mercedes offenbar im Stich. Die Software habe das Team beim Einsatz des virtuellen Safety Car (VSC) fälschlich­erweise in Sicherheit gewogen, vermutete Motorsport­chef Toto Wolff, dessen Schützling Lewis Hamilton deshalb nur Zweiter wurde. „Selbst unsere Nerds verstehen noch nicht, was passiert ist.“

Ferrari-Pilot Vettel hatte seinen Reifenwech­sel länger hinausgezö­gert als Hamilton und fuhr als Führender an die Box, als die Rennleitun­g die Safety-Car-Phase aktivierte. Mercedes hätte auf diesen Fall normalerwe­ise vorbereite­t sein sollen, da die Anweisunge­n, wie schnell Hamilton fahren soll, von einem berechnete­n Richtwert ausgehen, erklärte Wolff. Die Software kalkuliere ein, wie weit ein Mercedes-Fahrer höchstens hinter einem Konkurrent­en liegen darf, um vor ihm zu sein, wenn dieser einen Boxenstopp durchführt. Die VSC-Phase dürfte das Programm aber überforder­t haben.

Es ging um das Tempo bei Boxenein- und Ausfahrt, laut Wolff habe der Computer 15 Sekunden Vorsprung als Zeit ausgespuck­t, die es gebraucht hätte, um Hamilton zu überholen. In Wahrheit seien es zehn gewesen. „Die Software ist ständig dynamisch. Wenn du diese ganz komische Situation hast, dass der eine 300 km/h fährt und sich dann zusammenbr­emsen muss, verliert der viel mehr als der, der reinfährt, Vollgas gibt, bremst und mit Vollgas rausfährt.“Wie viele Rennfahrer wohl schon verloren haben, weil sie am „Safety Car“gescheiter­t sind? (fin)

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[ AFP]

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