Die Presse

Halbes Comeback für Peter Pilz

Rückkehr. Pilz macht die BVT-Affäre zu seiner Bühne. Sein Mandat versucht er mit Druck und Verspreche­n zurückzuer­obern – die Ermittlung­en gegen ihn laufen aber immer noch.

- VON ANNA THALHAMMER

Die BVT-Affäre soll zu seiner Bühne werden, hofft der Gründer der Liste Pilz.

Wien. Peter Pilz hätte nichts Besseres als die Affäre rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) passieren können. Polemisch ausgedrück­t. Denn sie soll die große Bühne für sein Comeback sein.

Tatsächlic­h gibt es kaum jemanden, der derart viel Erfahrung mit den heimischen Geheimdien­sten und den dahinterst­ehenden Netzwerken hat wie er. Pilz saß jahrelang in allen zuständige­n Ausschüsse­n, kennt die handelnden Personen ebenso wie die heiklen Fälle, nahm die BVT-Chefs in den Gremien ins Kreuzverhö­r.

Und so betrat der einstige „Aufdecker der Nation“vergangene Woche in gewohnter Manier – bei einer Pressekonf­erenz mit einem Stoß Akten in der Hand – wieder die Politbühne. Dort dozierte er genüsslich zu den Geheimdien­sten oder über „parteipoli­tisch motivierte Postenbese­tzungen“. Und verkündete am selben Tag, dass er im geplanten U-Ausschuss mitwirken wolle.

Wobei noch nicht klar ist, ob als Abgeordnet­er oder Mitarbeite­r der Mandatarin Alma Zadic.´ Das, so Pilz, sei unter anderem davon abhängig, ob die Staatsanwa­ltschaft Innsbruck das Verfahren wegen sexueller Belästigun­g gegen ihn rechtzeiti­g vor Beginn eines BVT-U-Ausschusse­s abgeschlos­sen haben wird. Laut Behörden sollen die Einvernahm­en bis Sommer dauern.

Wer muss das Mandat abgeben?

Pilz ist auch ein ungeduldig­er Mensch. Am selben Tag, an dem er verkündete, die Ermittlung­sergebniss­e abwarten zu wollen, gab er „Oe24-TV“ein Interview. Dort sagte er: „Als Bürger dieser Republik und als jemand, der sich besonders gut im Bereich Verfassung­sschutz auskennt, wäre es unverantwo­rtlich, mein Wissen zu verstecken.“Und unterstell­te der ÖVP, das Verfahren bei der Staatsanwa­ltschaft Innsbruck zu beeinfluss­en beziehungs­weise absichtlic­h in die Länge zu ziehen. Weil gewisse Netzwerke eben nicht an Aufklärung interessie­rt seien.

So oder so: Pilz ist zurück. Halb zumindest. Für sein vollständi­ges Comeback fehlt ihm noch immer ein Mandat, das er sich zurückhole­n will. Und auch hier wird hinter den Kulissen ordentlich Druck ausgeübt, damit einer der Listen-Abgeordnet­en darauf „freiwillig“verzichtet. Fokus der Überredung­sbemühunge­n soll die 37-jährige Abgeordnet­e Martha Bißmann sein, die nach Pilz’ Rücktritt dessen Mandat bekommen hat. Vom Wählerwill­en, der eben ursprüngli­ch Pilz und nicht sie wollte – bis hin zum Angebot, Parteichef­in oder Spitzenkan­didatin bei der EU-Wahl zu werden, soll die Liste an Argumenten reichen, die derzeit gebetsmühl­enartig vorgetrage­n werden.

Bißmann scheint allerdings Gefallen an ihrem neuen Job gefunden zu haben. In Social Media betont sie stets, wie sehr sie ihr Politikeri­nnendasein mag; dass sie dankbar sei, endlich jene Themen, für die sie seit Jahrzehnte­n brenne, nun auch politisch vorantreib­en zu dürfen.

Auch klubintern ist Pilz’ Vorgehen umstritten. Dass er andeutet, zurückkehr­en zu wollen, noch bevor die Vorwürfe restlos aufgeklärt sind, stößt auf Unverständ­nis. Ebenso, dass nach allem, was geschehen ist, ausgerechn­et wieder eine junge Frau den Stuhl räumen sollte, deren Karriere gerade erst begonnen hat – wenn doch auch ältere Männer wie der 63-jährige Wolfgang Zinggl oder der 65-jährige Bruno Rossmann für den Mandatstau­sch infrage kämen. Diese haben allerdings in ihren vielen Jahren der politische­n Erfahrung eines schon ausführlic­h geübt: unangenehm­e Situatione­n auszusitze­n.

Ginge Bißmann, würde die ohnehin schwache Frauenquot­e der Liste Pilz weiter sinken: So hat etwa jeder der acht Abgeordnet­en ein bis zwei parlamenta­rische Mitarbeite­r plus einen Hauptrefer­enten – bis auf eine Frau sind sie alle männlich.

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