Schlechte Zeiten für junge Juristen
Budget. Die Regierung will nicht nur 40 Richter einsparen. Auch das Gerichtsjahr nach Studienende soll auf fünf Monate gekürzt werden. Welche Chancen haben Jungjuristen bei Gericht noch?
Offiziell will das Justizministerium nicht zu dem heiklen Thema Stellung nehmen. Doch im Hintergrund laufen die Überlegungen der Bundesregierung, das Gerichtsjahr für Jungjuristen wieder zu kürzen und so Geld zu sparen. Das „Jahr“soll künftig nur noch fünf statt sieben Monate dauern. Aber was brächte das an Einsparungen, und welche Folgen hätte die Maßnahme für junge Juristen?
Es soll um rund viereinhalb Millionen Euro gehen, die durch die Verkürzung des Gerichtsjahrs gespart werden könnten. Kann diese Summe nicht doch noch durch andere Maßnahmen im Budget des Justizministeriums gewonnen werden, will man bei den Rechtspraktikanten sparen. Diese werden wenig fürstlich belohnt (sie erhalten rund tausend Euro brutto im Monat). Doch machen viele das Gerichtsjahr. Denn es ist Pflicht, will man einen klassischen Juristenberuf wie Anwalt, Notar, Richter oder Staatsanwalt ergreifen.
Sabine Matejka, Präsidentin der Richtervereinigung, bestätigt die Pläne für eine Verkürzung des Gerichtsjahrs. Sie sieht die Idee sehr kritisch. Zum einen benötige man wegen Personalmangels die Arbeitskraft der Rechtspraktikanten, die etwa bei Prozessen Protokoll führen müssen. „Sie sind leider zum Systemerhalter geworden“, sagt Matejka im Gespräch mit der „Presse“. Auch wenn eigentlich die Ausbildung der Rechtspraktikanten im grund stehen sollte.
Zum anderen fällt nach Ende des Gerichtsjahrs eine erste Entscheidung darüber, ob jemand Richter oder Staatsanwalt werden darf. Dauert das Gerichtsjahr nur mehr fünf Monate, „verkürzt das die Zeit, in der wir Übernahmekandidaten begutachten können“, sagt Matejka. Statt bei drei würden Jungjuristen dann nur bei zwei Richtern arbeiten und von diesen beurteilt werden. Damit steige die Gefahr, die Falschen vorzeitig auszusortieren. Wer bleiben darf, muss sich noch weiteren Tests unterziehen, bevor klar ist, ob er Richteramtsanwärter werden darf.
Wobei die Chancen für diese Karriereoption momentan ohnedies schlecht sind. Im Sprengel der Oberlandesgerichte Wien und Vorder- Graz gebe es kaum Stellen für Richteramtsanwärter, sagt Matejka. Im Zuständigkeitsbereich der Oberlandesgerichte Linz und Innsbruck hätte man wegen Pensionierungen noch Bedarf, erklärt die Richterin. Doch sei in Anbetracht der Pläne der Regierung, die Posten einsparen will, unklar, inwieweit die frei werdenden Stellen besetzt werden können.
Die Koalition will die Zahl der Richterstellen gegenüber dem jetzigen Stand um 40 reduzieren. Weil jetzige Richteramtsanwärter dann länger auf einen Richterposten warten, wird man auch weniger Rechtspraktikanten als Richteramtsanwärter übernehmen.
Beim Kanzleipersonal wird weiterhin nur jeder zweite frei wer- dende Posten in der Justiz nachbesetzt. Diese Arbeiten dürften in der Praxis wiederum verstärkt Rechtspraktikanten übernehmen müssen statt im Gerichtsjahr juristisch ausgebildet zu werden.
Bis zum Sparpaket von 2011 hatte das Gerichtsjahr neun Monate gedauert. Dann wurde die Zeit auf fünf Monate und der Lohn für Rechtspraktikanten um rund 250 Euro auf das jetzige Niveau gekürzt. Nach Protesten aus der Justiz legte die Politik aber 2013 wieder fest, dass das Gerichtsjahr doch sieben Monate dauern darf.
Nun droht also erneut eine Kürzung auf fünf Monate. Außer man kann doch noch woanders im Justizbudget sparen. Im Ministerium von Josef Moser sollen diesbezüglich die Köpfe rauchen.