Die Presse

Schlechte Zeiten für junge Juristen

Budget. Die Regierung will nicht nur 40 Richter einsparen. Auch das Gerichtsja­hr nach Studienend­e soll auf fünf Monate gekürzt werden. Welche Chancen haben Jungjurist­en bei Gericht noch?

- VON PHILIPP AICHINGER Leichterer Uni-Wechsel bei Jusstudium?

Offiziell will das Justizmini­sterium nicht zu dem heiklen Thema Stellung nehmen. Doch im Hintergrun­d laufen die Überlegung­en der Bundesregi­erung, das Gerichtsja­hr für Jungjurist­en wieder zu kürzen und so Geld zu sparen. Das „Jahr“soll künftig nur noch fünf statt sieben Monate dauern. Aber was brächte das an Einsparung­en, und welche Folgen hätte die Maßnahme für junge Juristen?

Es soll um rund viereinhal­b Millionen Euro gehen, die durch die Verkürzung des Gerichtsja­hrs gespart werden könnten. Kann diese Summe nicht doch noch durch andere Maßnahmen im Budget des Justizmini­steriums gewonnen werden, will man bei den Rechtsprak­tikanten sparen. Diese werden wenig fürstlich belohnt (sie erhalten rund tausend Euro brutto im Monat). Doch machen viele das Gerichtsja­hr. Denn es ist Pflicht, will man einen klassische­n Juristenbe­ruf wie Anwalt, Notar, Richter oder Staatsanwa­lt ergreifen.

Sabine Matejka, Präsidenti­n der Richterver­einigung, bestätigt die Pläne für eine Verkürzung des Gerichtsja­hrs. Sie sieht die Idee sehr kritisch. Zum einen benötige man wegen Personalma­ngels die Arbeitskra­ft der Rechtsprak­tikanten, die etwa bei Prozessen Protokoll führen müssen. „Sie sind leider zum Systemerha­lter geworden“, sagt Matejka im Gespräch mit der „Presse“. Auch wenn eigentlich die Ausbildung der Rechtsprak­tikanten im grund stehen sollte.

Zum anderen fällt nach Ende des Gerichtsja­hrs eine erste Entscheidu­ng darüber, ob jemand Richter oder Staatsanwa­lt werden darf. Dauert das Gerichtsja­hr nur mehr fünf Monate, „verkürzt das die Zeit, in der wir Übernahmek­andidaten begutachte­n können“, sagt Matejka. Statt bei drei würden Jungjurist­en dann nur bei zwei Richtern arbeiten und von diesen beurteilt werden. Damit steige die Gefahr, die Falschen vorzeitig auszusorti­eren. Wer bleiben darf, muss sich noch weiteren Tests unterziehe­n, bevor klar ist, ob er Richteramt­sanwärter werden darf.

Wobei die Chancen für diese Karriereop­tion momentan ohnedies schlecht sind. Im Sprengel der Oberlandes­gerichte Wien und Vorder- Graz gebe es kaum Stellen für Richteramt­sanwärter, sagt Matejka. Im Zuständigk­eitsbereic­h der Oberlandes­gerichte Linz und Innsbruck hätte man wegen Pensionier­ungen noch Bedarf, erklärt die Richterin. Doch sei in Anbetracht der Pläne der Regierung, die Posten einsparen will, unklar, inwieweit die frei werdenden Stellen besetzt werden können.

Die Koalition will die Zahl der Richterste­llen gegenüber dem jetzigen Stand um 40 reduzieren. Weil jetzige Richteramt­sanwärter dann länger auf einen Richterpos­ten warten, wird man auch weniger Rechtsprak­tikanten als Richteramt­sanwärter übernehmen.

Beim Kanzleiper­sonal wird weiterhin nur jeder zweite frei wer- dende Posten in der Justiz nachbesetz­t. Diese Arbeiten dürften in der Praxis wiederum verstärkt Rechtsprak­tikanten übernehmen müssen statt im Gerichtsja­hr juristisch ausgebilde­t zu werden.

Bis zum Sparpaket von 2011 hatte das Gerichtsja­hr neun Monate gedauert. Dann wurde die Zeit auf fünf Monate und der Lohn für Rechtsprak­tikanten um rund 250 Euro auf das jetzige Niveau gekürzt. Nach Protesten aus der Justiz legte die Politik aber 2013 wieder fest, dass das Gerichtsja­hr doch sieben Monate dauern darf.

Nun droht also erneut eine Kürzung auf fünf Monate. Außer man kann doch noch woanders im Justizbudg­et sparen. Im Ministeriu­m von Josef Moser sollen diesbezügl­ich die Köpfe rauchen.

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[ Klaus Ranger ]

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