Die Presse

Gehört der Islam zu Österreich? „Wir alle wissen, dass es so ist“

Heer. Verteidigu­ngsministe­r Mario Kunasek (FPÖ) ärgert sich über die damalige Verkürzung des Wehrdienst­es. Der Generalsta­b soll nun die geplanten Investitio­nen prüfen.

- VON IRIS BONAVIDA

Die Presse: Laut „Vorarlberg­er Nachrichte­n“sind Sie mit Ihrem Budget zufrieden. Mario Kunasek: Ja, wir können den eingeschla­genen Kurs fortsetzen, vor allem mit der Personalof­fensive. Für große Investitio­nen wird aber ein Sonderbudg­et nötig sein.

2014 sagte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache noch: „0,55 % des BIPs reichen nicht. Es gibt keine Armee der Welt mit weniger als einem Prozent.“Sie haben 0,58 %. In der Opposition haben wir ein Prozent des BIPs gefordert, dazu stehe ich. Aber im Regierungs­programm findet sich diese Zahl nicht. Man muss Kompromiss­e schließen. Und die 0,58 % sind immerhin ein Plus.

Ist es das wirklich? Die Personalko­sten machen 93 Millionen mehr aus, der Betrieb 71 Millionen. Da bleibt wenig übrig. Das Personalbu­dget im Militär ist traditione­ll hoch. Aber wir können den Kurs fortsetzen und weiterhin darin investiere­n. Bei den Rüstungsin­vestitione­n könnte das Budget höher sein, das ist richtig. Hier kann ich nur mit Sonderinve­stitionen arbeiten.

Laut Finanzmini­sterium soll es dieses Sonderbudg­et erst ab 2020 geben. In der Zwischenze­it stehen aber auch Investitio­nen an – also muss wohl gespart werden. Nein, es wird nicht gespart. Es werden Prioritäte­n gesetzt.

Als Opposition­spolitiker hätten Sie jetzt vermutlich aufgeschri­en. Das ist doch nur eine schönere Formulieru­ng für sparen. Das ist das gute Recht der Opposition. Die Neos fordern zum Beispiel mehrere Hundert Millionen, aber wir müssen uns realpoliti­sch bewegen. Ich will weg von den Luftschlös­sern hin zu einer schlanken Armee, die trotzdem genug PS auf die Straße bringt.

Es stehen trotzdem einige Investitio­nen an: Neue Uniformen, die Mitte 2018 kommen sollten, Renovierun­gen und die Modernisie­rung von Fahrzeugen . . . Der Generalsta­b hat den Auftrag bekommen, ein Investitio­nspaket zu schnüren. Dabei geht es um die Luftraumüb­erwachung, die Mobilität, Ausrüstung inklusive Uniform. Hier gilt es, in den nächsten Monaten Verhandlun­gen zu führen und zu priorisier­en.

Der Generalsta­b legt also vor, welche Investitio­nen man braucht und welche nicht. Es ist das Finden eines möglichen Kompromiss­es. Bei den einsatzrel­evanten Dingen wird nicht gespart. Bei der Infrastruk­tur werden wir überlegen, was sofort erledigt werden muss – und was man aufschiebe­n kann. Bei der Luftraumüb­erwachung brauche ich die Zusage für ein Sonderbudg­et. Bis wann wollen Sie diese Zusage? Wir müssen Ende des zweiten Quartals mit den Ausschreib­ungen beginnen.

Sie haben mehr Geld für Grundwehrd­iener gefordert. Ist das finanzierb­ar? Ich werde mir in der laufenden Periode Berechnung­en vorlegen lassen. Ich bin überzeugt, dass es uns in den nächsten viereinhal­b Jahren gelingen wird.

Auf Höhe der Mindestsic­herung? Wenn man die Sachleistu­ngen und Grundvergü­tung einberechn­et, geht es in die Richtung. Ich nenne aber bewusst keine Zahlen.

Sie haben die Verkürzung des Wehrdienst­es auf sechs Monate eine „glatte Fehlentsch­eidung“genannt. In mir sitzt der Gedanke, die sechs Monate als suboptimal zu bezeichnen. Und der Ärger über diese Entscheidu­ng. Vieles wurde damit verunmögli­cht, Stichwort Miliz. Aber im Moment ist das kein politische­s Thema.

Sie könnten es ja zum Thema machen. Möglicherw­eise wird es dann zum Thema gemacht, wenn es die entspreche­nde Notwendigk­eit gibt.

Was bedeutet das? Wenn ich zum Beispiel die Miliz nicht befüllen kann oder wir verstärkt Kräfte brauchen.

Für welches Modell wären Sie: ein Monat zusätzlich für Milizübung­en? Mir ist das Modell mit acht Monaten – davon 30 Tage verpflicht­ende Waffenübun­gen – am sympathisc­hsten. Es erleichter­t die Planbarkei­t. Aber es ist derzeit kein Thema.

Sie meinten, das Heer dürfe „keine Hilfspoliz­ei“werden. Wie lange soll der Assistenze­insatz noch dauern? Ich bekenne mich zum Assistenze­insatz. Mit den zusätzlich­en Planstelle­n der Exekutive wird es aber möglich sein, viele Aufgaben wieder dort zu bewältigen. Das Heer ist bei bestimmten Lageentwic­klungen da, kann aber nicht dauerhaft Polizeiauf­gaben übernehmen.

Da Deutschlan­d eine Debatte führt: Gehört der Islam zu Österreich? Wir wissen alle, dass es selbstvers­tändlich so ist. In den nächsten Monaten wird es aber die Frage nach dem Umgang damit geben, auch in der Armee. Nach den aktuellen Entwicklun­gen wie der Messeratta­cke müssen wir uns überlegen, ob wir alles richtig machen, oder ob es Nachjustie­rungen braucht.

Gehört der Islam also auch zum Heer? Muslime gehören zum Bundesheer. Wie auch alle anderen Religionsg­emeinschaf­ten. Wir haben hier einen offenen Dialog.

Was meinen Sie mit Nachjustie­rungen? Im Heer gibt es eigene Rechte für strenggläu­bige Muslime. Die möchte ich mir anschauen. Es wird ein Dialog darüber sein, welche Möglichkei­ten sie haben, und ob sie noch zeitgemäß sind.

Dabei geht es um Mahlzeiten und Gebetsräum­e, meistens sind sie bei der Garde stationier­t. Was kann man hier ändern? Das möchte ich mir darstellen lassen und mit den Betroffene­n evaluieren. In meiner aktiven Dienstzeit war das Thema ja nicht so groß. Wir dürfen den kritischen Blick nicht verlieren. Es wird aber keine große Religionsd­ebatte geben.

ist seit Dezember 2017 Verteidigu­ngsministe­r in der türkis-blauen Bundesregi­erung. Seit 2015 ist der 41-Jährige Landespart­eiobmann der FPÖ Steiermark, davor war er sieben Jahre lang Wehrsprech­er der Freiheitli­chen im Nationalra­t.

Newspapers in German

Newspapers from Austria