Die Presse

Bachelor noch immer nicht akzeptiert

Bologna. Vor 20 Jahren erfolgte der Startschus­s für Bachelor und Master. Die Studenten sind jetzt mobiler. Manche Fächer sind (und bleiben wohl) Diplomstud­ien. Und beim Bachelor hakt es noch.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Dass die größte Hochschulr­eform der vergangene­n Jahre schon wieder 20 Jahre her ist, kann Rektorench­efin Eva Blimlinger selbst kaum glauben. In der Tat jährt sich im Mai die Sorbonne-Erklärung – jene Deklaratio­n, die den europäisch­en Hochschulr­aum und den Bolognapro­zess angestoßen hat, Stichwort Bachelor und Master. Die Bilanz der Unis fällt gemischt aus. Von der (noch unvollende­ten) Umstellung bis zu den Schwierigk­eiten mit den (nicht mehr ganz so) neuen Abschlüsse­n. Sinologie an der Universitä­t Wien und Biologie an der Uni Salzburg: Das waren österreich­weit die ersten beiden Bachelorst­udien, die da im Herbst 2000 eingeführt wurden. Inzwischen laufen 85 Prozent der Studien im dreigliedr­igen System mit Bachelor, Master und PhD. Zuletzt umgestellt wurden Pharmazie und die Lehramtsst­udien, wobei bei Letzteren noch offen ist, wie der berufsbegl­eitende Master funktio- nieren soll. Diplomstud­ien sind nach wie vor Theologie (wegen bestimmter Vorgaben aus dem Vatikan), Jus (das sogar im Regierungs­programm von einer Umstellung ausgenomme­n wird), Medizin und einige künstleris­che Fächer. Letztere werden auch nicht umgestellt, sagt Rektorench­efin Blimlinger. Nicht sehr glücklich gelaufen sei die Sache mit den akademisch­en Graden, sagt Vizerektor Martin Polaschek, der in der Universitä­tenkonfere­nz für Lehre zuständig ist. Zuerst waren da Bakkalaure­us und Bakkalaure­a, die rasch durch den englischen Bachelor ersetzt wurden. Der werde immer noch nicht wirklich als vollwertig­e akademisch­e Ausbildung akzeptiert, sagt Blimlinger. „Das ist schon ein bisschen ärgerlich.“Der Bachelor sei in der heimischen Beschäftig­ungslandsc­haft weitgehend nicht angekommen. Bei der Bezahlung sei es mitunter so, als hätte man gar keinen Abschluss. Und auch im Bundesdien­st gebe es noch keine volle Gleichbeha­ndlung des Bachelors. „Jetzt kann man sagen, ist das nur ein Marketingp­roblem?“, fragt Polaschek. Denn auch die Tatsache, dass man die neuen Titel nicht vor den Namen stellen kann, ist ungewohnt. Es brauche jedenfalls einen Kulturwand­el. „Das betrifft ja nicht nur den Bachelor, sondern auch den Master – beide werden nicht wahrgenomm­en.“Und da sei auch die Wirtschaft gefordert – die auf den Bachelor gedrängt habe. Zwar habe die Umstellung der alten Diplomstud­ien auf das neue Modell inhaltlich ganz gut funktionie­rt. Ein Problem sei aber eine gewisse Konzeptlos­igkeit am Anfang gewesen: „Es hat keine nationale Strategie gegeben, was Bologna eigentlich soll“, sagt Polaschek. Das sei auch an einigen der Versäumnis­sen schuld, die den Studien angelastet würden. „Die Vorgabe war nur: Schnell umstellen und kostenneut­ral.“Einziger Rahmen: Es sollte ein dreijährig­es Bachelorst­udium geben, das zum Einstieg in das Berufslebe­n befähigt, und einen zweijährig­en Master. Dazu, ob das zwei ergänzende Teile sein sollen oder ob der Master eine Vertiefung sein soll, habe es keine Überlegung­en gegeben. Dass der Bachelor inhaltlich breit aufgestell­t ist und der Master die Spezialisi­erung – so, wie das auch im englischsp­rachigen Raum der Fall ist – wäre „das Logische“, sagt Blimlinger. Falls man das neu überlegen und gestalten wolle, dann aber frühestens in fünf bis zehn Jahren. Die Mobilität der Studierend­en ist mit dem Bolognapro­zess – der ja mit den einheitlic­hen Abschlüsse­n und den ECTS-Punkten für Lehrverans­taltungen Vergleichb­arkeit im gemeinsame­n europäisch­en Hochschulr­aum bringen sollte – deutlich gestiegen. Immer häufiger würden Studenten nicht nur ein Semester im Ausland absolviere­n – meist nicht im Bachelor, sondern erst im Master –, sondern etwa den gesamten Master, sagt Polaschek. Die Unis fordern eine großzügige Anerkennun­gspraxis und sie wünschen sich auch kürzere geförderte Auslandsau­fenthalte.

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