Die Presse

Nach dem Amt schadet etwas Abkühlung nicht

Wie bei Vorständen sollte es bei Politikern eine Cooling-off-Phase geben.

- VON JAKOB ZIRM

Mitte

Dezember, mit Angelobung der türkis-blauen Regierung, endete die Zeit von Hans Jörg Schelling im Finanzmini­sterium. Etwas mehr als drei Monate später wurde nun bekannt, dass der Ex-Finanzmini­ster bereits einen neuen Job in der Tasche hat. Er wird Berater bei Nord Stream 2 – dem vom russischen Gasmonopol­isten Gazprom vorangetri­ebenen Ostsee-Projekt.

Schelling wird den Job nicht aufgrund seiner Expertise beim Offshore-Pipelineba­u erhalten haben. Es geht – wie immer bei solchen Beraterver­trägen – um seine Kontakte und sein informelle­s Wissen über die europäisch­e Politik. Und hier wird es dann auch heikel.

So soll es natürlich jedem Politiker unbenommen sein, seine Erfahrunge­n aus der Politik im Leben danach zu Geld zu machen. Und es ist auch nichts moralisch Verwerflic­hes daran. Für die Gesellscha­ft stellt sich aber die Frage, inwiefern ein quasi direkter Wechsel vom Ministeram­t in die Lobby eines Konzerns negative Einflüsse auf die Politik haben kann. Welche Entscheidu­ngen kurz vor Ende der Periode werden noch im Interesse der Wähler getroffen? Und welche vielleicht schon im Hinblick auf mögliche neue Arbeitgebe­r?

Es soll hier niemandem etwas Unredliche­s unterstell­t werden. Aber allein die Möglichkei­t sorgt für eine schiefe Optik. Und diese gilt es zu verhindern. Etwa durch eine verpflicht­ende Cooling-off-Periode, wie es sie bei Vorständen vor dem Gang in den Aufsichtsr­at bereits gibt.

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