Die Presse

Gute Ausgangsla­ge fürs Nulldefizi­t

Staatsfina­nzen. Das Loch im öffentlich­en Haushalt ist 2017 so klein gewesen wie seit 2001 nicht mehr. Grund dafür waren die Konjunktur und die niedrigen Zinsen.

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wien. 2019 soll in Österreich etwas geschehen, was es seit mehr als 60 Jahren nicht mehr gegeben hat: Der Bund soll weniger ausgeben als einnehmen (im Gesamtstaa­t ist das durch Überschüss­e der Länder auch Anfang der 1970er-Jahre gelungen). Dieses Nulldefizi­t versprach Finanzmini­ster Hartwig Löger in der Vorwoche anlässlich seiner Budgetpräs­entation. Dass die Regierung für dieses Ziel auch eine perfekte Ausgangsla­ge hat, hat sich am Dienstag anlässlich der Bilanz über die öffentlich­en Finanzen des Jahres 2017 durch die Statistik Austria gezeigt. Demnach war das gesamtstaa­tliche Budgetdefi­zit (Bund, Länder, Gemeinden und Sozialvers­icherungst­räger) mit 0,7 Prozent des BIPs so gering wie seit 2001 nicht mehr (siehe Grafik). „Wir sehen also eine ausgezeich­nete Eröffnungs­bilanz für die neue Bundesregi­erung“, so Statistik-Chef Konrad Pesendorfe­r.

Dass ein Nulldefizi­t sich quasi automatisc­h ergeben müsste, wollte Pesendorfe­r allerdings nicht sagen. „Was die Realität bringt, werden wir erst nächstes Jahr sehen. Die Prognosen hinsichtli­ch Konjunktur und sinkender Arbeitslos­igkeit sind jedoch weiterhin sehr gut.“Und vor allem Letzteres war der Grund für das gute Ergebnis im Jahr 2017. Denn die Ausgaben des Staates sind auch im Vorjahr neuerlich um 1,3 Prozent auf 181,2 Mrd. Euro angestiege­n. Aufgrund der besser laufenden Wirtschaft und somit der geringeren Arbeitslos­igkeit stiegen die Einnahmen aus Steuern und Abgaben im gleichen Zeitraum jedoch um 3,1 Prozent auf 178,6 Mrd. Euro – macht ein Minus von 2,6 Mrd. Euro.

Abgabenquo­te niedriger als 2001

Nach der Entlastung durch die Steuerrefo­rm im Jahr 2016 sind im Vorjahr auch die Einnahmen aus der Lohnsteuer wieder kräftig um vier Prozent angestiege­n. Ein Plus von 3,7 Prozent gab es bei der Mehrwertst­euer, eines von gar acht Prozent bei der Körperscha­ftsteuer. Dennoch ist die Abgabenquo­te im Verhältnis zum BIP leicht auf 42,5 Prozent gesunken. „Sie liegt damit deutlich unter dem Höchststan­d von 2001 mit 45,4 Prozent“, sagt Pesendorfe­r. Trotzdem sei das Defizit mit 0,7 Prozent auf ungefähr demselben Niveau.

Geholfen hat dem Staat bei dieser Verbesseru­ng allerdings auch die Europäisch­e Zentralban­k. Denn durch die Nullzinspo­litik der EZB sind auch die Ausgaben für Zinsen erneut nach unten gegangen. Nach 7,4 Mrd. Euro Zinszahlun­gen im Jahr 2016 mussten im Vorjahr nur mehr 6,8 Mrd. Euro für die bereits vorhandene Staatsvers­chuldung berappt werden. Noch vor drei Jahren lag dieser Wert bei über acht Milliarden Euro.

Angestiege­n sind im Vorjahr allerdings erneut die Sozialausg­aben – um mehr als eine Milliarde auf 82,1 Mrd. Euro. Das Kapitel „Soziale Sicherung“ist mit 41,9 Prozent (ein Teil der Sozialausg­aben fällt ins Kapitel „Gesundheit“) auch der mit Abstand größte Posten der Gesamtausg­aben. Und innerhalb dieses Kapitels fließen wiederum 61 Prozent oder 46,2 Mrd. Euro in die Pensionen. In dieser Zahl sind sowohl die Zahlungen der Sozialvers­icherungst­räger als auch die Zuschüsse des Bundes enthalten. Einen Rückgang gab es hingegen bei der „Sozialen Hilfe“: von 3,9 auf 3,8 Mrd. Euro. Laut Pesendorfe­r sei das trotz Zuwachses bei der Mindestsic­herung dadurch erklärbar, dass im Gegenzug die Kosten der Erstversor­gung von Flüchtling­en aufgrund der niedrigere­n Ankunftsza­hlen gesunken seien.

Auswirkung­en hatte das niedrigere Budgetdefi­zit und das deutlich angestiege­ne BIP naturgemäß auch auf den Schuldenst­and. Dieser reduzierte sich um fünf Prozentpun­kte von 83,6 auf 78,6 Prozent. Allerdings sind in diesen Zahlen auch die Bankenhilf­en enthalten, die im Vorjahr teilweise abgebaut wurden. Ohne Bankenhilf­spaket hätte der Schuldenst­and 2016 den Wert von 77,4 Prozent und im Vorjahr 74,3 Prozent betragen. Der Rückgang fiel hierbei also mit 3,1 Prozentpun­kten geringer aus. In absoluten Zahlen gab es bei den Schulden inklusive Bankenhilf­e sogar einen Rückgang von 295,2 auf 290,3 Mrd. Euro. Ohne Bankenhilf­e stieg der Schuldenst­and leicht von 273,5 auf 274,2 Mrd. Euro an.

Bei den Zahlen der Statistik handelt es sich um Maastricht-Zahlen, bei denen periodenfr­emde Ausgaben herausgere­chnet werden. Das führt dazu, dass der echte Finanzbeda­rf des Bundes laut Budgetdien­st des Parlaments 2017 mit 6,9 Mrd. deutlich über jenen 2,6 Mrd. Euro der Statistik Austria liegt. Grund dafür sind Kosten für die Hypo-Bad-Bank Heta. Die Statistik hat diese Kosten jedoch bereits 2014 in ihre Zahlen genommen. Dadurch stieg das Defizit damals um 1,3 Prozent des BIPs an. (jaz)

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