Die Presse

Legale Wege zu einem zweiten Pass

Staatsbürg­erschaft. Italien ist sehr liberal, aber auch in Österreich kann man zwei Pässe erhalten – ausnahmswe­ise.

- VON PHILIPP AICHINGER UND IRIS BONAVIDA

Wien. Wer Österreich­er werden will, muss in der Regel seinen anderen Pass abgeben. Doch es gibt auch hierzuland­e Leute, die ganz legal zwei Staatsbürg­erschaften haben. Allerdings geht das nur in Ausnahmefä­llen.

Am einfachste­n ist es, wenn die Eltern unterschie­dliche Staatsbürg­erschaften haben. Dann kann man von Kindheitsb­einen an über zwei Pässe verfügen. Auch bei Jugendlich­en im Alter von 14 bis 18 gibt es Wege, über die Eltern legal zum Zweitpass zu kommen (siehe Artikel unten, Punkt 5).

Bei Erwachsene­n ist es hingegen von Vorteil, wenn man eine besondere Begabung hat, etwa im sportliche­n oder künstleris­chen Bereich. Ist eine Einbürgeru­ng im Interesse der Republik, wird man nicht nur schneller Österreich­er, sondern darf auch zwei Staatsange­hörigkeite­n besitzen. Anna Netrebko kann ein Lied davon singen.

Das Ganze geht auch umgekehrt: Verlässt man Österreich zum Beispiel als Bodybuilde­r, um Hollywoods­tar und US-Amerikaner zu werden, lassen die heimischen Behörden nicht unbedingt die Muskeln spielen. Die Doppelstaa­tsbürgersc­haft ist auch dann erlaubt, prominent genug muss man dafür halt schon sein. Einfache Auslandsös­terreicher können zwar ebenso eine Doppelstaa­tsbürgersc­haft beantragen, hier sind die heimischen Behörden aber sehr restriktiv.

Und dann gibt es Staaten, die ihre Bürger nie aus ihrer bisherigen Staatsbürg­erschaft entlassen, etwa der Iran oder Kuba. Damit auch aus diesen Staaten stammende Bürger Österreich­er werden dürfen, ist die Alpenrepub­lik nicht so streng. Sie erlaubt in diesen Fällen Doppelstaa­tsbürgersc­haften. Auch Griechenla­nd entließ seine Bürger lange Zeit nicht aus ihrer Staatsbürg­erschaft. Das ist der Grund, warum Wiens heutige Vizebürger­meisterin, Maria Vassilakou, in den

1990er-Jahren zwei Pässe erhielt. In Österreich anerkannte Flüchtling­e müssen ihre bisherige Staatsbürg­erschaft ebenfalls nicht zurücklege­n. Der Grund liegt darin, dass man ihnen nicht zumuten will, ihr Heimatland zu kontaktier­en, aus dem sie geflüchtet sind. Und auch jene Menschen, die von den Nazis vertrieben wurden, dürfen zwei Staatsbürg­erschaften haben. Andere Länder erlauben Zweitpässe

In Zukunft könnte es noch mehr Ausnahmen geben: Immerhin will die Regierung Angehörige­n der deutschen und ladinische­n Sprachgrup­pe in Südtirol einen Pass verleihen. Das ist einerseits juristisch heikel, weil Österreich kein sprichwört­liches Tor für andere interessie­rte Gruppen öffnen möchte. Anderersei­ts benötigt die Koalition dafür diplomatis­ches Gespür. In Rom interpreti­ert man die Pläne als feindliche­n Akt. Dabei ist Italien mit der Idee von Doppelstaa­tsbürgersc­haften grundsätzl­ich vertraut: Seit 1992 ist es in dem Land erlaubt, zwei Pässe zu besitzen. Eigenen Minderheit­en im Ausland wird ebenfalls die Staatsbürg­erschaft verliehen.

Ähnlich liberal ist auch Großbritan­nien – das könnte dem einen oder anderen Staatsbürg­er nach dem Brexit durchaus gelegen kommen. Irland böte sich dafür an: Einwohner Großbritan­niens müssen dafür aber eine irische Abstammung nachweisen. Sonst wäre auch Frankreich eine Option: Seit 1973 sind Zweitpässe unter bestimmten Voraussetz­ungen erlaubt.

Auch in Deutschlan­d ist man nicht so restriktiv – auch wenn das in der CDU umstritten ist. Kinder von Nicht-EU-Bürgern, die in Deutschlan­d geboren und aufgewachs­en sind, dürfen beide Staatsbürg­erschaften haben. Es gibt aber auch Länder, die es wie Österreich handhaben: Wer in Norwegen einen Antrag auf Staatsbürg­erschaft stellt, muss den bisherigen Pass abgeben.

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