Die Presse

BVT: Gridling bleibt suspendier­t

Verfassung­sschutz. Die Disziplina­rkommissio­n hat die Suspendier­ungen der Beamten durchgewin­kt. Verstrickt sich Generalsek­retär Peter Goldgruber in Widersprüc­he?

- VON ANNA THALHAMMER

Der Teufel steckt im Detail – und davon gibt es in der Causa rund um das Bundesamt für Verfassung­sschutz und Terrorismu­sbekämpfun­g (BVT) täglich neue. So liegen der „Presse“nun Akten vor, die zeigen, dass der Generalsek­retär des Innenminis­teriums offenbar mehrere Versionen der Geschichte erzählt. Die Unterlagen zeigen, wie chaotisch die Hausdurchs­uchungen gelaufen sind. Und die Aussagen zweier ÖVP-Mitarbeite­r entkräften die Anschuldig­ungen, die anonym an die Staatsanwa­ltschaft herangetra­gen wurden. Opposition und Rechtsexpe­rten teilten sich die Meinung, dass die Suspendier­ung der vier (von fünf ) beschuldig­ten BVT-Mitarbeite­r auf wackeligen Beinen steht. Ihnen wird vorgeworfe­n, Daten nicht gelöscht und weitergege­ben zu haben. Weiters sollen nordkorean­ische Passmuster an Südkorea weitergege­ben worden sein. Beweise oder stichhalti­ge Indizien fehlen bisher – dennoch wurden vier Mitarbeite­r suspendier­t.

Und das bleiben sie auch. Das beschloss nun die Disziplina­rkommissio­n. Begründung: Ein Ermittlung­sverfahren sei im Laufen. Dass so agiert wird, ist eher ungewöhnli­ch. Wenn es in der Vergangenh­eit Vorwürfe gegen Exekutivbe­amte (etwa wegen Poli- zeigewalt) gab, hieß es aus dem Innenminis­terium stets, dass die Vorwürfe erst geprüft werden müssten, bevor eine Suspendier­ung erfolgen könne. Der suspendier­te BVT-Direktor Peter Gridling will sich das jedenfalls nicht gefallenla­ssen und wird vor das Verwaltung­sgericht ziehen. Peter Goldgruber ist Generalsek­retär des Innenminis­teriums und mischt in der Causa kräftig mit: Er hat der Wirtschaft­s- und Korruption­sanwaltsch­aft Zeugen gebracht. Er hat jene Polizeiein­heit für die Hausdurchs­uchung ausgewählt, die von einem FPÖFunktio­när geleitet wird: die Einsatzgru­ppe zur Bekämpfung der Straßenkri­minalität (EGS). Und er hat der Staatsanwa­ltschaft auch Dokumente übergeben.

Gegenüber der „Presse“sagte er, das sei nur jenes eingangs erwähnte Konvolut gewesen – das der Staatsanwa­ltschaft im Übrigen seit Mai bekannt ist. Unterlagen zeigen nun: Das stimmt nicht. Goldgruber hat eine von ihm kommentier­te Fassung der Vorwürfe beigelegt. Jene Vorwürfe und Namen, die ihm wichtig erschienen, hat er hervorgeho­ben. Besonders häufig gefettet ist der Name Michael Kloibmülle­r, ehemals Kabinettsc­hef mehrerer ÖVP-Innenminis­ter. Er wird als Verdächtig­er geführt. Kloibmülle­r und Goldgruber wird eine langjährig­e Feindschaf­t nachgesagt. Aktuell werden laufend Zeugen einvernomm­en. Einer davon ist ÖVP-Klubdirekt­or Martin Falb, der angeblich Daten aus dem BVT zugespielt bekommen hat. Was er bestreitet. Jene Personen, mit denen er angeblich kooperiert hat, will Falb gar nicht kennen. Ähn- lich gestaltet sich die Aussage einer anderen Mitarbeite­rin des ÖVP-Klubs.

Pikantes Detail: Bei der Vernehmung von zwei (anonymen) Zeugen, die das Innenminis­terium selbst brachte, war ein Mitarbeite­r aus dem Kabinett von Herbert Kickl anwesend. Sie hätten das Recht auf Anwesenhei­t einer Vertrauens­person gehabt, hieß es seitens des Ministeriu­ms. Dem ÖVP-Klubdirekt­or Falb wurde aber genau dieses Recht verwehrt – sein Anwalt musste draußen bleiben. Der „Presse“liegen auch Vernehmung­sprotokoll­e zur Hausdurchs­uchung im BVT vor. So heißt es darin, dass Beamte ihre Mitwirkung angeboten hätten, dies aber ausgeschla­gen wurde. Demnach wurden wahllos Daten und Datenträge­r mitgenomme­n, darunter auch Akten zu heiklen Fällen, obwohl die Betroffene­n auf den Inhalt hingewiese­n hätten. Das Vorgehen wird als chaotisch beschriebe­n: So seien etwa Beweismitt­el nicht ordentlich beschrifte­t worden. Die Staatsanwä­ltin soll nicht durchgehen­d anwesend gewesen sein. Währenddes­sen, heißt es, hätten die Polizisten Anweisunge­n gegeben, welche Gegenständ­e herauszuge­ben sind. Justiz- und Innenminis­terium haben wiederholt betont, dass alles korrekt abgelaufen sei.

der Ermittlung­en ist ein der Staatsanwa­ltschaft im Mai 2017 anonym zugespielt­es Konvolut. Es enthält Vorwürfe gegen Mitarbeite­r des Innenminis­teriums und des BVT. Etliche Medien haben dazu recherchie­rt, die Vorwürfe erwiesen sich aber als größtentei­ls haltlos. Heuer tauchten dann vier neue Zeugen auf, woraufhin eine Hausdurchs­uchung angeordnet und Suspendier­ungen ausgesproc­hen wurden.

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Austria