Die Presse

Wie Wien die Leihräder vertreibt

Ofo und OBike. OBike zieht hunderte Räder aus Wien ab, weil zu viele bei Vandalenak­ten ruiniert wurden. Die Stadt legt den Billigrada­nbietern zum Saisonstar­t strenge Regeln auf.

- VON CHRISTINE IMLINGER

„Bike-Unsinn“, „ParkChaos“, „gelbe Räder-Invasion“. Es hat nicht lange gedauert, bis die Massen an Billig-Leihrädern nach dem Start für Ärger gesorgt haben. Nicht nur in Wien. Der Hass auf die Räder hat sich fast ebenso schnell verbreitet wie die Bikes selber, die voriges Jahr zu tausenden von Melbourne bis Madrid aufgestell­t wurden. Das Feindbild OBike wurde zum Online-Trend. Instagram-Accounts wie »sad_obikes« sammeln zum Beispiel Bilder ramponiert­er Bikes aus aller Welt.

Wie der Räder Herr werden? Der vielen beschädigt­en Räder, die anarchisch kreuz und quer in der Stadt stehen, in Flüsse geschmisse­n werden oder auf Grünfläche­n liegen? Das Problem ging soweit, dass es im Dezember zu einer Kollision (inklusive erhebliche­m Sachschade­n, aber ohne Verletzten) kam, nachdem Jugendlich­e ein Rad auf die Schienen der U4 geworfen hatten.

Regeln gab es bisher kaum, aber über den Winter war es ohnehin eher ruhig in Sachen Billigräde­r. Die Anbieter hatten große Teile ihrer Flotten eingewinte­rt. Nun zieht einer der beiden großen, OBike, einen Teil der riesigen Flotte freiwillig ab. OBike reduziert in Wien um 800 Räder, damit bleiben noch 1000 OBikes. Grund sei Vandalismu­s, der hohe Kosten verursache und die Nutzung ineffizien­t mache. Oft wurden die „SmartLocks’“die digitalen Zugangsbox­en an den Rädern, beschädigt, damit konnten diese nicht mehr geortet werden, teilt das Unternehme­n aus Singapur mit.

Eine Wienerisch­e Lösung?

Der chinesisch­e Anbieter „Ofo“, die zweite große Nummer auf diesem Markt, hat Ende 2017 seine Flotte in Wien ebenfalls reduziert – die 500 der 700 Räder wurden aber nur eingewinte­rt und sollen demnächst wieder aufgestell­t werden. Eine dauerhafte Reduktion sei trotz allem noch nicht angedacht.

Vertreiben die Wiener die bisher ungeliebte­n Räder via Vandalismu­s nicht ohnehin? Schlägt der Wiener kaputt, was die althergebr­achte Ordnung stört, denn Neues brauche man nicht? So wird bei Online-Debatten diskutiert. Aber auch, wenn die Sache mit den mutwillig ruinierten Asia-Rädern zu derlei Analysen verleitet, ganz so Wienerisch ist das alles nicht.

Zu schnell, zu viele, zu billig

Auch in München startet OBike in einer Woche das große Einsammeln. Dort sollen laut Plan 6000 der knapp 7000 OBikes eingezogen werden. Denn auch dort hatten sich viele über die Masse an (teils kaputten) Rädern, die in der Stadt herumstehe­n und die mangelhaft­e Qualität der (schweren und nur in einem Gang zu fahrenden) Räder beklagt. Und auch in München wurden, so der Anbieter, zu viele Räder mutwillig zerstört als dass sich das Geschäft rentiert hätte. Zu hohe Reparaturk­osten, zu viel Wartungsau­fwand – und viel schlechte Stimmung auch in Bay- ern. Die Entscheidu­ng, heißt es, falle aus wirtschaft­lichen Gründen. Die Räder, die in München eingezogen werden, sollen in anderen Städten verwendet werden.

In Wien wohl eher nicht – denn hier gilt, neben dem freiwillig­en Rückzug, bald auch ein strenges Reglement für die stationslo­sen Leihräder. Zum Saisonstar­t hat die Stadt jüngst ein Regelwerk für die Räder vorgestell­t: Pro Anbieter gilt eine Höchstzahl von 1500 Rädern. Defekte oder rechtswidr­ig abgestellt­e Räder müssen binnen vier Stunden (an Wochenende­n zwölf Stunden) abgeholt werden. Geschieht dies nicht, wird das kostenpfli­chtig von der Stadt erledigt (und mitunter eine Pönale von bis zu 700 Euro verrechnet).

Die Verleihfir­men selbst müssen außerdem einen Firmensitz in Wien sowie eine Servicehot­line haben. Die Bikes müssen auch akkreditie­rt werden – das heißt, jedes Rad wird mit einer Nummer regi- striert und mit einer Service-Telefonnum­mer versehen. Wie die Überwachun­g funktionie­rt ist noch nicht klar, in Kraft treten sollen die Regeln Anfang Mai. Denn, richtig eingesetzt, könnten diese Räder eine Bereicheru­ng sein, so Verkehrsst­adträtin Maria Vassilakou (Grüne). Die Probleme des vorigen Jahres wolle man so vermeiden.

Zurück an den Start

Das Reglement und die drohenden Strafen, spielen wohl mit dem Rückzug zusammen. Auch wenn der, wie gesagt, vor allem wirtschaft­liche Gründe habe. Für den rasant-anarchisch­en Markteintr­itt und die Expansions­pläne, mit denen die Asiaten voriges Jahr in Europa gestartet sind, heißt es damit: Zurück an den Start. Und, zurück zu einer verträglic­heren Expansion mit weniger Rädern und besserem Service. Und, so hoffen die Anbieter, weniger Hass auf die Bikes aus Fernost.

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[ APA ] Die gelben Ofos bleiben (vorerst) in voller Zahl – die gelb-grauen OBikes aber werden nun in Wien drastisch reduziert.

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