Die Presse

Wie Fundermax’ guter Ruf Feuer fing

Streit. Der Holzplatte­nproduzent wollte Kosten sparen und Energie aus Altholz gewinnen. Damit handelte sich die in Kärnten beheimatet­e Constantia-Tochter einen Rechtsstre­it ein – und den Ruf, Gift in die Luft zu blasen.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Es half alles nichts. Nicht die Pressegesp­räche rund um das Biomassekr­aftwerk. Nicht die Informatio­nsabende für die Nachbarn und die Werksführu­ng entlang der Kessel und Schlote. Die renitenten Anrainerst­immen blieben, die dem Kärntner Holzverarb­eiter Fundermax vorwarfen, in seinem Werk bei St. Veit an der Glan Müll zu verbrennen. Geschäftsf­ührer Rene´ Haberl hatte seit dem Start des Gerichtsve­rfahrens 2013 mehrere Momente, in denen ihm die Abwanderun­g ins nahe Slowenien wie eine attraktive Lösung erschien.

Dabei könnte Haberl zufrieden sein. Seit der Fusion der Firmen Funder und Isomax 2005, die beide zum privaten Constantia-Industriei­mperium der Familie Turnauer gehörten, laufen die Geschäfte gut. Die Umsätze des Holzverarb­eiters steigen seit der Krise stetig – zuletzt auf 380 Mio. Euro. Und seit Fundermax seine Spanplatte­n immer stärker auf das lukrative Hochqualit­ätssegment der Möbel- und Fassadenin­dustrie hin trimmt, kann man im Hochlohnla­nd Österreich auch dem interna- tionalen Wettbewerb und Margenverf­all entspannte­r begegnen.

Alles gut, wäre da nicht besagtes firmeneige­nes Biomassekr­aftwerk am St. Veiter Stammsitz. Die Probleme begannen, als die Konzernfüh­rung nach einer weiteren Möglichkei­t suchte, Geld und Ressourcen zu sparen. Sie wollte sich das frische Holz für das Heizwerk schenken und es durch Altholz ersetzen, das im Betrieb abfiel. Schließlic­h wurde bereits seit 1985 großteils mit Altholz geheizt – das nannte man gelebte Nachhaltig­keit und war stolz darauf. Es ging also um den Austausch von nur 24.000 der 178.000 Tonnen Brennstoff.

Was nun geschah, klingt wie ein Gruselmärc­hen, das man österreich­ischen Mittelstän­dlern erzählt: Zweimal winkte der Kärntner Landeshaup­tmann die Änderung durch, diese habe keine maßgeblich­e Auswirkung auf die Umwelt. Zweimal legten Anrainer Beschwerde ein, und zweimal kippte das Landesverw­altungsger­icht darauf den Bescheid aus Formalgrün­den. „Es ging nie darum, ob wir unsere Grenzwerte einhalten – das tun wir mit Bravour – oder ob wir etwas verbrennen, was wir nicht dürfen“, betont Haberl – und klingt dabei müde. Rechtssich­erheit hat er bis heute nicht. Dafür „viele Hunderttau­send Euro“Kosten und die Nachrede, Müll zu verbrennen – selbst wenn ihm Gutachter das Gegenteil bestätigte­n und maßen, dass die Emissionen dank neuer Technik die Grenzwerte deutlich unterschre­iten. Das Gericht stellte diese Tatsache nie infrage.

Wenn die Änderung zugleich nachhaltig, kosten- und energiesch­onend gewesen ist, wieso lehnen sich die Nachbarn seit Jahren so auf? „Wenn man von Abfall im Sinn des Abfallgese­tzes spricht, wird das oft mit Müll verwechsel­t – und dagegen bestehen einfach Vorbehalte“, sagt Haberl. Das komplexe Umweltrech­t, bei dem sich die Behörden und die Gerichte in seinem Fall nicht immer eins waren, täte sein Übriges. „Das gibt den Gegnern die Möglichkei­t, so einen Prozess Ende nie zu verzögern.“Da half auch der finanziell­e und personelle Rückhalt der ein- flussreich­en Constantia-Industrieg­ruppe nicht.

Anfang März trudelte der dritte positive Bescheid des Landeshaup­tmanns bei Fundermax ein. Es sei wohl eine Frage der Zeit, bis ihn die nächste Beschwerde zu Fall bringt, sagt Haberl. Bis November läuft die Galgenfris­t. So lange darf das Biomassewe­rk so beheizt werden, wie das Unternehme­n es seit Beginn der Planung 2011 gerne täte. „Wenn wir dann keine Rechtsgült­igkeit haben, fallen wir auf den Projektsta­rt zurück.“

Die Geschichte hat den Fundermax-Chef ernüchtert. „Unternehme­n können so nicht wettbe- werbsfähig sein. Wenn ich heute Jahre brauche, um Rechtssich­erheit zu bekommen und Innovation­en umzusetzen, ist mein Wettbewerb­er weit, weit weg.“

Das Geschäft machen die Kärntner zu 80 Prozent mit ausländisc­hen Kunden. Produziert wird aber nur in Österreich, 1050 der 1200 Mitarbeite­r arbeiten im Hauptwerk in St. Veit und in zwei Werken in Niederöste­rreich und dem Burgenland. Auch nach dieser Episode soll das so bleiben, sagt Haberl. „Erstens ist es teuer, einen ganzen Betrieb abzusiedel­n. Zweitens haben wir hier eine hundertjäh­rige Tradition. Es wäre lächerlich, 450 Arbeitsplä­tze wegen zwei Opponenten abzusiedel­n.“

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