Wie Fundermax’ guter Ruf Feuer fing
Streit. Der Holzplattenproduzent wollte Kosten sparen und Energie aus Altholz gewinnen. Damit handelte sich die in Kärnten beheimatete Constantia-Tochter einen Rechtsstreit ein – und den Ruf, Gift in die Luft zu blasen.
Es half alles nichts. Nicht die Pressegespräche rund um das Biomassekraftwerk. Nicht die Informationsabende für die Nachbarn und die Werksführung entlang der Kessel und Schlote. Die renitenten Anrainerstimmen blieben, die dem Kärntner Holzverarbeiter Fundermax vorwarfen, in seinem Werk bei St. Veit an der Glan Müll zu verbrennen. Geschäftsführer Rene´ Haberl hatte seit dem Start des Gerichtsverfahrens 2013 mehrere Momente, in denen ihm die Abwanderung ins nahe Slowenien wie eine attraktive Lösung erschien.
Dabei könnte Haberl zufrieden sein. Seit der Fusion der Firmen Funder und Isomax 2005, die beide zum privaten Constantia-Industrieimperium der Familie Turnauer gehörten, laufen die Geschäfte gut. Die Umsätze des Holzverarbeiters steigen seit der Krise stetig – zuletzt auf 380 Mio. Euro. Und seit Fundermax seine Spanplatten immer stärker auf das lukrative Hochqualitätssegment der Möbel- und Fassadenindustrie hin trimmt, kann man im Hochlohnland Österreich auch dem interna- tionalen Wettbewerb und Margenverfall entspannter begegnen.
Alles gut, wäre da nicht besagtes firmeneigenes Biomassekraftwerk am St. Veiter Stammsitz. Die Probleme begannen, als die Konzernführung nach einer weiteren Möglichkeit suchte, Geld und Ressourcen zu sparen. Sie wollte sich das frische Holz für das Heizwerk schenken und es durch Altholz ersetzen, das im Betrieb abfiel. Schließlich wurde bereits seit 1985 großteils mit Altholz geheizt – das nannte man gelebte Nachhaltigkeit und war stolz darauf. Es ging also um den Austausch von nur 24.000 der 178.000 Tonnen Brennstoff.
Was nun geschah, klingt wie ein Gruselmärchen, das man österreichischen Mittelständlern erzählt: Zweimal winkte der Kärntner Landeshauptmann die Änderung durch, diese habe keine maßgebliche Auswirkung auf die Umwelt. Zweimal legten Anrainer Beschwerde ein, und zweimal kippte das Landesverwaltungsgericht darauf den Bescheid aus Formalgründen. „Es ging nie darum, ob wir unsere Grenzwerte einhalten – das tun wir mit Bravour – oder ob wir etwas verbrennen, was wir nicht dürfen“, betont Haberl – und klingt dabei müde. Rechtssicherheit hat er bis heute nicht. Dafür „viele Hunderttausend Euro“Kosten und die Nachrede, Müll zu verbrennen – selbst wenn ihm Gutachter das Gegenteil bestätigten und maßen, dass die Emissionen dank neuer Technik die Grenzwerte deutlich unterschreiten. Das Gericht stellte diese Tatsache nie infrage.
Wenn die Änderung zugleich nachhaltig, kosten- und energieschonend gewesen ist, wieso lehnen sich die Nachbarn seit Jahren so auf? „Wenn man von Abfall im Sinn des Abfallgesetzes spricht, wird das oft mit Müll verwechselt – und dagegen bestehen einfach Vorbehalte“, sagt Haberl. Das komplexe Umweltrecht, bei dem sich die Behörden und die Gerichte in seinem Fall nicht immer eins waren, täte sein Übriges. „Das gibt den Gegnern die Möglichkeit, so einen Prozess Ende nie zu verzögern.“Da half auch der finanzielle und personelle Rückhalt der ein- flussreichen Constantia-Industriegruppe nicht.
Anfang März trudelte der dritte positive Bescheid des Landeshauptmanns bei Fundermax ein. Es sei wohl eine Frage der Zeit, bis ihn die nächste Beschwerde zu Fall bringt, sagt Haberl. Bis November läuft die Galgenfrist. So lange darf das Biomassewerk so beheizt werden, wie das Unternehmen es seit Beginn der Planung 2011 gerne täte. „Wenn wir dann keine Rechtsgültigkeit haben, fallen wir auf den Projektstart zurück.“
Die Geschichte hat den Fundermax-Chef ernüchtert. „Unternehmen können so nicht wettbe- werbsfähig sein. Wenn ich heute Jahre brauche, um Rechtssicherheit zu bekommen und Innovationen umzusetzen, ist mein Wettbewerber weit, weit weg.“
Das Geschäft machen die Kärntner zu 80 Prozent mit ausländischen Kunden. Produziert wird aber nur in Österreich, 1050 der 1200 Mitarbeiter arbeiten im Hauptwerk in St. Veit und in zwei Werken in Niederösterreich und dem Burgenland. Auch nach dieser Episode soll das so bleiben, sagt Haberl. „Erstens ist es teuer, einen ganzen Betrieb abzusiedeln. Zweitens haben wir hier eine hundertjährige Tradition. Es wäre lächerlich, 450 Arbeitsplätze wegen zwei Opponenten abzusiedeln.“