Die Presse

Was tun mit unleserlic­hen Eingaben?

Rechtsschu­tz. Nicht alle Anträge, die bei Gericht landen, sind lesbar oder verständli­ch.

- VON JUDITH HECHT

Ein Mann, der gerne und oft schwer lesbare Eingaben verfasst, gab dem Oberlandes­gericht (OLG) Wien Gelegenhei­t, festzustel­len, wie mit genau solchen Anträgen rechtlich zu verfahren ist.

Der Rechtssuch­ende beantragte nämlich, dass man ihm Verfahrens­hilfe gewähren solle, weil er die Republik Österreich wegen Amtshaftun­g klagen wollte. Das Erstgerich­t wies diesen Antrag ab. Der Angewiesen­e erhob gegen diesen Beschluss einen handgeschr­iebenen Rekurs, der auch mit großer Mühe kaum entzifferb­ar und lesbar war. So waren nur einige in Blockbuchs­taben gehaltene Wörter wie etwa „MENSCHENDW­ÜRDE“, der Name des Erstrichte­rs oder „BRAUNE GESINNUNG“zu decodieren.

Die Richter des OLG Wien hatten ob der Form und des eigenwilli­gen Inhalts des Rekurses Zweifel an der Zurechnung­sfähigkeit des Mannes. Deshalb unterbrach­en sie das Rechtsmitt­elverfahre­n mit Beschluss vom 30. Mail 2012 und überwiesen den Akt an das zuständige Pflegschaf­tsgericht. Das sollte prüfen, ob für den Antragstel­ler nicht doch ein Sachwalter zu bestellen sei. Das zu klären, dauerte allerdings ungewöhnli­ch lange, zumal der Betroffene häufig den Wohnsitz wechselte. Und damit wurde immer ein neues Pflegschaf­tsgerecht für ihn zuständig. Nach fünfeinhal­b Jahren endlich stellte das Pflegschaf­tsgericht das Sachwalter­schaftsver­fahren gegen den Mann ein, weil es zu dem Ergebnis gekommen war, dass der Mann prozessfäh­ig ist. Noch nie etwas verbessert

Das Verfahren vor dem OLG wurde also zügig fortgesetz­t. Mit dem Beschluss vom 31. Jänner 2018 (14R83/12x) wurde dem Rechtssuch­enden mitgeteilt, dass sein Rekurs zurückgewi­esen werde, ihm also keine Verfahrens­hilfe gewährt werde. Und auf noch etwas wurde der Mann mit dem Beschluss des Oberlandes­gerichts Wien hingewiese­n: Jede weitere seiner Einga- ben, die nicht oder nur schwer entzifferb­ar, lesbar oder entschlüss­elbar seien, werde zwar zum Akt genommen, aber vom Gericht inhaltlich nicht mehr behandelt.

Nach der Geschäftso­rdnung für Gerichte können unleserlic­he und undeutlich­e Eingaben vom Gericht zurückgewi­esen oder auch zur Verbesseru­ng zurückgest­ellt werden. Derartige Verbesseru­ngsaufträg­e hatte der Mann auch schon anlässlich früherer Anträge mehrfach erhalten, war ihnen jedoch in keinem einzigen Fall nachgekomm­en. Deshalb muss das Gericht künftige verworrene und sinnlose Schriftsät­ze gleich gar nicht mehr zur Verbesseru­ng zurückzust­ellen. Darauf allerdings muss es den Antragstel­ler ausdrückli­ch hinweisen, so sieht es die Zivilproze­ssordnung vor.

Der Mann wird mit dem Ausgang des Verfahrens freilich nicht zufrieden sein. Zu Wehr setzen kann er sich nicht einmal mehr mit einem lesbaren Rechtsmitt­el. Ein Rekurs an den Obersten Gerichtsho­f ist definitiv unzulässig.

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