Ausverkauf bei Technologieaktien
Der jüngste Kursrutsch hatte viele Ursachen: Unfälle mit autonom fahrenden Autos, den Facebook-Datenskandal und die Tatsache, dass die Aktien der Branche teuer geworden sind.
Der steile Absturz der Tesla-Aktie – das Papier des Elektroautobauers war am Dienstag um mehr als acht Prozent in die Tiefe gerasselt und rutschte am Mittwoch weiter ab – hatte einen unmittelbaren Anlass: Ein tödlicher Unfall mit einem Tesla-Fahrzeug in Kalifornien wird nun in den USA offiziell untersucht. Dies teilte die nationale Behörde für Transportsicherheit am Dienstag mit. Es sei unklar, ob das Elektroauto zum Zeitpunkt des Unfalls von seinem automatischen Kontrollsystem gesteuert worden sei.
Der Unfall ereignete sich am vergangenen Freitag. Nach Polizeiangaben fuhr der Tesla Model X in eine Fahrbahnbegrenzung. Anschließend sei er von einem Mazda erfasst worden und dann mit einem Audi zusammengestoßen. Der Fahrer des Tesla sei bei dem Unfall ums Leben gekommen. Außerdem hätten die Lithium-Batterien Feuer gefangen, hieß es.
Doch stürzten am Dienstagabend auch andere Technologiewerte ab. Als eine Ursache sehen Marktbeobachter den seit Wochen schwelenden Facebook-Datenskandal: Investoren fürchten eine schärfere Regulierung der gesamten Branche. Verlierer fanden sich auf breiter Front: Schwergewichte wie die Google-Mutter Alphabet oder Microsoft gaben um mehr als vier Prozent nach. Der Chiphersteller Nvidia verlor mehr als fünf Prozent, nachdem er bekannt gegeben hatte, Fahrten mit seinem autonom fahrenden Testwagen vorerst einstellen zu wollen. Der OnlineStreaming-Anbieter Netflix, eine der besten Aktien der vergangenen Jahre, fiel um sechs Prozent.
Die seit Jahren überdurchschnittlich starke Entwicklung der Technologieaktien dürfte ein weiterer Grund für ihre Korrekturanfälligkeit sein: „Da die Tech-Aktien einen großen Beitrag zur AktienRallye der vergangenen Jahre leis- teten, hat eine Korrektur in diesem Sektor einen spürbaren Effekt auf die Märkte insgesamt“, sagte Milan Cutkovic, Marktanalyst beim Handelshaus AxiTrader.
Ein weiterer Grund für die Turbulenzen dürfte der Handelsstreit zwischen China und den USA sein. Marktteilnehmer sorgten sich nun, dass die USA chinesischen Investitionen in wichtige Technologien einen Riegel vorschieben könnten, sagte Experte Michael McCarthy vom Broker CMC Markets. Der Schutz geistigen Eigentums könne der zentrale Punkt der von US-Präsident Donald Trump eingeschlagenen Handelspolitik sein.
Am Mittwoch ging es auch mit europäischen Technologiewerten nach unten: Schwächster DAXWert war der Chiphersteller Infineon mit einem Minus von zeitweise mehr als vier Prozent. Schlusslicht im ATX war am Mittwochnachmittag das Papier des steirischen Leiterplattenherstellers AT& S. In Paris und Amsterdam gaben STMicroelectronics und ASM International jeweils mehr als fünf Prozent nach.
Im Frankfurter TecDAX gab es fast nur Verlierer. Verluste im zweistelligen Prozentbereich mussten die Papiere des Chipherstellers Dialog hinnehmen. Sie wurden von Spekulationen auf eine eigene ChipProduktion des Großkunden Apple belastet: Apple mache bei seiner Ablösung von Zulieferern schnellere Fortschritte als gedacht, schrieben die Analysten vom Bankhaus Lampe in einem Marktkommentar. Es bestehe das Risiko, dass bereits heuer die Umsätze von Dialog beeinträchtigt würden.
Auch der ohnehin angeschlagene Windturbinenbauer Nordex und das Solartechnologieunternehmen SMA Solar mussten deutlich Federn lassen: 2017 hatte SMA wegen eines Nachfrageeinbruchs in den USA einen Umsatzrückgang auf 891,0 (2016: 946,7) Mio. Euro verbucht. (b. l./ag)