Der Geniestreich des elfjährigen Mozart
„Die Schuldigkeit des ersten Gebots“, diesmal konzertant am Theater an der Wien.
Ob dieser Abend am Theater an der Wien ein letzter Ausläufer des 1997 so ambitioniert begonnenen Osterklang-Festivals war? Man muss es fast ausnehmen. Bereits 2006 engagierte sich Nikolaus Harnoncourt in diesem Rahmen für dieses so rare wie exakt zur Osterzeit passende frühe Werk Mozarts: das geistliche Singspiel „Die Schuldigkeit des ersten Gebots“. Sohn Philipp führte Regie, Michael Schade sang die Partie des Christgeist, Juliane Banse den Part der Barmherzigkeit. Patricia Petibon agierte als Weltgeist.
An diese Tradition wollte man anschließen und engagierte erneut diese prominenten Sänger für eine im Wesentlichen konzertante Aufführung. Denn mit Ausnahme eines Sessels rechts hinten waren auf der Bühne nur Notenständer. Und nur, wenn er in die Rolle des Arztes schlüpfte, brachte Michael Schade dafür einige Requisiten mit, die er bald in seiner Tasche verschwinden ließ. Sonst versuchten die Protagonisten ihre Texte durch die eine oder andere Geste zu begleiten und verdeutlichen. Mit Hilfe eines Regisseurs wäre das gewiss prägnanter, vor allem beredter ausgefallen.
Nicht zuletzt bei der kurzfristig für Petibon eingesprungene, damit diese Aufführung rettende Cornelia Horak, die auch vokal einige Wünsche offenließ. Aber auch die seinerzeit so brillierenden Schade und Banse benötigten einige Zeit, um zur gewohnten Form aufzulaufen, ohne die eine oder stimmliche Verschleißerscheinung ganz überdecken zu können. Aber darüber, dass sie die Botschaft dieses Werks verinnerlicht hatten – dass für jeden Menschen die Liebe zu Gott unmissverständlich das erste Gebot sein sollte – bestand nie Zweifel.
Grundsätzlich ist es eine gute Idee, renommierte mit jungen Sängern in einer Produktion zusammenzuführen, die Erfahrung der einen mit der Neugier der anderen zu kombinieren. Das führt meist zu gegenseitiger Inspiration. Warum dies diesmal nicht glückte? Weil die beiden für die Parts von Gerechtigkeit und Christ aus dem Jungen Ensemble des Theaters Wien engagierten Anna Gillingham und Julian Henao Gonzalez immer wieder mit Textdeutlichkeit zu kämpfen hatten, womit oft die geforderte musikalische Phrasierung auf der Strecke blieb.
Dabei hatten auch diese beiden jungen Sänger im exzellent artikulierenden Concentus Musicus unter Stefan Gottfried, der auch seine Kompetenz als brillanter Cembalist zeigte, vorzügliche Begleiter. Wie überhaupt die an Spannung nie erlahmende instrumentale Seite das eigentliche Atout dieses Konzerts war. Eine noble Geste, dass man im Programmheft daran erinnert, wie sehr die einstige Wiederentdeckung dieses Werks der steten Neugier Nikolaus Harnoncourt zu verdanken war, und diesen mit einigen seiner fundierten Aussagen zitiert.