Auf der Suche nach Wagners Gesangsgral
Der neue Staatsopern-„Parsifal“von Alvis Hermanis wieder unter Semyon Bychkov, teilweise neu besetzt.
Bemerkenswerte Debüts und Wiederbegegnungen im neuen Regiegewand machen den Besuch des traditionellen Karwochen-„Parsifal“zur spannenden Tour d’horizon in Sachen Wagner-Gesang. Die charakterstarke Besetzung 2018 eint Interpreten, deren Zugang zur Frage, wie die zum Teil mörderisch schwierigen Partien des Meisters vokal zu bewältigen sind, unterschiedlicher nicht sein könnten. Erstaunlich, wie viele Wege in den Gralsbezirk führen. Da hat Jochen Schmeckenbecher, Klingsor der Premiere von Alvis Hermanis’ Inszenierung im Otto-Wagner-Bühnenbild, seine Partie wieder an Boaz Daniel abgegeben, um zum Amfortas zu werden. Er präsentiert eine vollkommen aus dem Wort und der expressiven Artikulation geborene Interpretation des leidenden Gralskönigs.
Was ebenso bewegend und mitreißend zum Ziel führt wie die konträre Ausgangsposition Kwangchul Youns, der den Gurnemanz zu einer Art Belcanto-Studie werden lässt und seine Erzählungen in einem aus behutsamsten Pianissimo-Regionen geborenen Schöngesang verströmt, wortdeutlich auch er, doch alles dem Primat eines ununterbrochen melodischen Flusses unterordnend, dem er in singulärer Phrasierungs- und Schattierungskunst alle erdenklichen Farb- und Ausdruckswerte abgewinnt. Das fokussiert das Hörerinteresse auch in den epischen Breiten von Wagners Komposition unweigerlich, selbst wo die Töne mehr geflüstert als gesungen klingen. Je leiser, desto intensiver die Wirkung.
Was für Semyon Bychkovs Lesart der Partitur spricht: Wie schon bei der Premiere bindet er die philharmonischen Phrasen zu schier endlosen, ineinander verfließenden Bögen, die ganze Aufzüge zu einen scheinen, während inwendig die subtile Klangregie jedes Detail der Handlung und des Texts illustriert: Der sinnlich schön fließende Gesang der neuen Kundry, Anja Kampe, bettet sich auf weiche Streicherpölster, umrankt von verführerischen Holzbläserlinien: Ihr zentraler Monolog ist ein stimmliches Ereignis, das aus liedhaft-zarter Poesie bruchlos in die überwältigende Entladung im Moment der Besinnung auf das Golgotha-Erlebnis mündet. Christopher Ventris, heldischunverbraucht bis dahin, scheint in diesem Moment verwandelt, bereit für die introvertierten Töne des Karfreitagszaubers. Wagners Dramaturgie wird so auf ideale Weise musikalisch sinnfällig. Beeindruckend: Kwangchul Youn