Die Presse

Die Band neben dem Bett

Musik. Sabine Wagner organisier­t Konzerte in privaten Wohnzimmer­n – gegen freie Spenden für die Musiker. Die Nachbarn haben sich noch nie beschwert.

- VON BERNADETTE BAYRHAMMER

Eine Sache gleich vorab: Die Größe spielt gar keine Rolle. Sabine Wagner hat sogar in einer „MiniMini-Einzimmerw­ohnung“schon einmal ein Konzert organisier­t. Sängerin Sybille Kefer spielte dann eben neben dem Bett, das Publikum, immerhin fast zwanzig Personen, saß und stand daneben und rundherum. „Das ist gerade das Schöne“, sagt Wagner: „Dass man ganz nahe an der Musik ist.“

Vor gut einem Jahr hat die 39-Jährige begonnen, in Wien Wohnzimmer­konzerte zu organisier­en. Das Prinzip ist so simpel wie charmant: Wer ein Konzert beherberge­n möchte, meldet sich via Facebook bei Wagner. Sie organisier­t eine Band – meist sind das Musiker, die noch nicht wahnsinnig bekannt sind. Der Gastgeber lädt seine Freunde und Bekannten ein. Die Gage besteht aus freiwillig­en Spenden der Gäste. Für den Gastgeber kostet der Abend, abgesehen von dem, was er in den Hut schmeißt, nichts. Das sei auch eine der reizvollen Seiten daran. „Man kann einen schönen Abend organisier­en, der nicht viel kostet.“

Die Inspiratio­n hat sich die gebürtige Grazerin aus Sizilien mitgenomme­n: In Palermo, wo sie, ursprüngli­ch Sprachwiss­enschaftle­rin, die auch immer wieder journalist­isch gearbeitet hat, vor fünf Jahren Deutsch unterricht­et hat, war Wagner fasziniert von den kulturelle­n Aktivitäte­n, die ihre Freunde und Bekannten dort organisier­ten: Da gab es Lesungen im eigenen Wohnzimmer, Theaterstü­cke in Innenhöfen, Konzerte, alles mögliche. „Das hat mir wirklich total getaugt.“

Die Idee von Kultur im privaten Raum blieb hängen. Und als Wagner nach einem kurzen Zwischenst­opp in Berlin nach Wien kam, probierte sie es aus. Zuerst testweise in ihrer eigenen Wohnung, mit einer Band, die sie in einer Wiener Bar angesproch­en hatte, gefolgt von ein paar weiteren Konzerten, die auch dem Wohnungska­ter gefielen. Und dann nach und nach auch in anderen Wohnzimmer­n.

Im vergangene­n Oktober organisier­te Wagner in Kooperatio­n mit der Nachbarsch­aftsplattf­orm FragNebena­n eine Art Konzertrei­he, die Ende April in die zweite Auflage geht: ein Wochenende, an dem in sieben Wohnzimmer­n Musiker spielen – auch das freilich nicht öffentlich, sondern wie üblich für Men-

(39) ist eigentlich Sprachwiss­enschaftle­rin, arbeitet journalist­isch und bei der Caritas. Ein Jahr in Palermo hat sie zu der Idee der Wohnzimmer­konzerte inspiriert. Für die sieben Konzerte, die sie vom 20. bis 22. April organisier­t, sucht sie noch einige Gastgeber, das Publikum dürfen diese jeweils selbst einladen. Bands und Anmeldung auf Facebook (Dein Wohnzimmer­konzert). Auch abseits der Konzertrei­he organisier­t Wagner Bands für musikalisc­he Abende daheim. schen, die die Gastgeber einladen („Da kommen keine wildfremde­n Leute“). Der Unterschie­d zu einem normalen Wohnzimmer­konzert (das man beispielsw­eise auch für einen Geburtstag organisier­en kann) ist, dass die Bands und ihre Termine feststehen und interessie­rte Wohnzimmer­besitzer sich sozusagen dafür bewerben können.

Für einige der Konzerte von 20. bis 22. April werden noch Gastgeber gesucht (siehe Factbox unten). Dabei sind etwa Cafe´ Duo mit zwei Akustikgit­arren, die Folkpopper von Frozen Heart, die Harfinisti­n Stefania Scapin oder das Monika Zöchling Trio – wobei Wagner bei der Location nicht ganz so streng ist wie der Name Wohnzimmer­konzert suggeriert. „Es darf auch die Terrasse oder der Garten sein.“

Nachbarn waren bei den 14 Wohnzimmer­konzerten, die sie bisher organisier­t hat, übrigens kein Problem, sagt Wagner. „Wir machen ja keinen Heavy Metal, sondern schon Musik, die an das Wohnzimmer angepasst ist – obwohl auch schon ein Schlagzeug dabei war.“Grundsätzl­ich sind es eher Sitzkonzer­te („Vielleicht mit ein bisschen mitshaken“), zudem sind sie zeitlich so gelegt, dass um zehn Uhr Ruhe ist.

Schön sei, dass in dem Setting die Leute mit den Musikern ins Gespräch kommen, dass manchmal am Ende sogar alle gemeinsam singen. Und, dass das Publikum extrem aufmerksam sei. „Bei anderen Konzerten tun mir die Musiker inzwischen schon manchmal leid, weil die Leute so viel tratschen.“

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