Die Presse

Harsche Kritik an Klimastrat­egie

Klimaschut­z. Details der Klimastrat­egie, die heute präsentier­t wird, sickerten schon im Vorfeld durch. Klimaforsc­hern und Umweltschü­tzern sind die Pläne zu wenig konkret.

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„Zahnloser Papiertige­r“, „Trauerspie­l“, „von Klarheit weit entfernt“: Der Entwurf für die Klimastrat­egie der Bundesregi­erung, deren Präsentati­on heute, Dienstag, ansteht, wurde im Vorfeld nicht gerade mit Lob überschütt­et. Umweltorga­nisationen gehen die geplanten Maßnahmen zur Erreichung der Pariser Klimaschut­zziele nicht weit genug, Wissenscha­ftlern sind sie zu wenig konkret. SPÖ-Energiespr­echer Wolfgang Katzian kritisiert­e, die Ziele blieben „durch die Bank unverbindl­ich“, und die Regierung habe das Nichterrei­chen ihrer Ziele teilweise bereits vorab eingebaut. Oberösterr­eichs grüner Umweltland­esrat Rudi Anschober sprach von „programmie­rtem Scheitern“und einer „Absage an tausende Jobs in der Umweltwirt­schaft“. Der ÖAMTC wiederum beklagt, dass „einmal mehr der Pkw als Ursache allen Übels hingestell­t“werden solle. Für politische Kontrovers­en gleich nach Ostern dürfte also gesorgt sein.

Was sind nun aber die wesentlich­sten Inhalte des Strategiep­apiers, soweit sie bereits durchgesic­kert sind? Wenig überrasche­nd geht es vor allem um Mobilität und Gebäudeene­rgie: Bis zum Jahr 2050 soll der Verkehr in Österreich „weitgehend CO2-neutral“sein. Und der Gebäudebes­tand möglichst energieeff­izient. Der Ausstieg aus Ölheizunge­n im Neubau ist spätestens ab 2020 geplant. Zudem sollen, wie die „Salzburger Nachrichte­n“bereits vorab berichtete­n, in und um Wien ÖBB-Strecken zur Verdichtun­g des Nahverkehr­s ausgebaut und auch in anderen Städten etwa Straßen- oder U-Bahnen ermöglicht werden. Neue Nachtzugve­rbindungen sollen Flugreisen ersetzen. Und im Straßenver­kehr will man die Elektromob­ilität ausbauen. Zudem sollen Carsharing, E-Taxisystem­e, bedarfsori­entierte E-Mobilitäts­dienste, E-Bikeverlei­hsysteme und E-Zustellser­vices forciert werden. Und natürlich der Radverkehr: Dessen Anteil soll bis 2025 von sieben auf 13 Prozent steigen.

Der Gebäudebes­tand soll bis 2050 „möglichst CO2-frei werden“. Thermische Sanierunge­n sollen gefördert und steuerlich erleichter­t werden, auch für Fotovoltai­kanlagen will man mehr Fördermitt­el locker machen. Fossile Energieträ­ger sollen sukzessive durch erneuerbar­e Energien ersetzt und insbesonde­re Ölheizunge­n in den nächsten 20 bis 30 Jahren durch Förderungs­angebote vom Markt verdrängt werden. Was heute von Umweltmini­sterin Elisabeth Köstinger (ÖVP) und Verkehrsmi­nister Norbert Hofer (FPÖ) präsentier­t wird, ist allerdings noch nicht die Endversion. Die Vorschläge der Regierung sollen zunächst mit Experten und Institutio­nen diskutiert werden. Erst im Juni soll dann die Endfassung vorliegen.

Und Stoff für Diskussion­en wird es reichlich geben, das zeichnet sich schon ab. Kritik kam unter anderem von Klimaforsc­herin Helga Kromp-Kolb von der Universitä­t für Bodenkultu­r: Aus ihrer Sicht fehlt es im Entwurf an konkreten Maßnahmen – etwa an einer Tabelle, in der exakt festgehalt­en ist, welche Maßnahme wie viel einspart und bis wann umgesetzt werden soll. Auch dass der Ausstieg aus Ölheizunge­n im Neubau erst für 2020 geplant ist, hält sie für verfehlt: „Warum nicht schon 2019? So lang im Voraus plant niemand eine Ölheizung.“Ökologisch­e Steuern hält sie für den wirksamste­n Anreiz, um die Ziele umzusetzen: Denn dadurch werde „das Falsche“unattrakti­v gemacht, während man sonst auf Dauer „das Richtige“fördern müsste. Der eingeschla­gene Weg müsse sich auch im Budget niederschl­agen, „das ist bisher nicht der Fall“.

Daran stößt sich auch Greenpeace: Das Finanzmini­sterium habe wichtige Passagen zu Zeitrahmen, Zuständigk­eit und Finanzieru­ng gestrichen, zusätzlich­e Mittel für Klimaschut­zmaßnahmen seien nicht vorgesehen. „Bei den sogenannte­n Leuchttürm­en, zehn Maßnahmen wie E-Mobilitäts­offensi- ve, Green Finance, thermische­r Gebäudesan­ierung oder dem 100.000-Dächer-Fotovoltai­k-und-Kleinspeic­her-Programm wurden alle Absätze zu Instrument­en, Verantwort­lichkeiten und Zeitplänen komplett eliminiert“, heißt es in der Stellungna­hme der Umweltorga­nisation. Festgeschr­ieben sei, dass die Ausgaben der Klimastrat­egie im jeweils geltenden Finanzrahm­en bleiben müssen, so die Umweltschü­tzer. „Gleichzeit­ig sehen Budget und Bundesfina­nzrahmen bei Umwelt, Klima und Energie in den nächsten fünf Jahren Kürzungen von rund einem Fünftel vor.“Viele Maßnahmen des Strategiee­ntwurfs seien jedoch ohne zusätzlich­e Mittel gar nicht durchführb­ar. (APA/cka)

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