Über die reinigende Kraft der Musik der Wiener Klassik
Gottlob nicht nur in Südengland weiß man um die stimmhygienischen Eigenschaften von Mozart-Arien. In Rohrau bezieht man auch Haydn ein. Mozart „opferte“willig den „geläufigen Gurgeln“seiner Primadonnen.
In einem scheinen nahezu alle Opernsänger unterschiedlichster Stimmfächer einig: Solang man imstande sei, eine Mozart-Arie sauber zu singen, ist die Stimme in Ordnung. Da muss etwas dran sein und erinnert sich an des Komponisten eigene Aussage, er schriebe den Sängern Arien „in die Gurgel“– worüber sich diese dann nach übereinstimmenden Zeugnissen sehr gefreut haben.
Das zeigt zum einen, dass dieser Komponist wie vielleicht kein anderer imstande war, seinen Kompositionsstil den Möglichkeiten der Singstimme anschmiegsamst anzupassen. Und es erklärt zum anderen, warum das Training der vokalen Beherrschung von Mozarts Musik für einen Sänger zu einer Art Stimmhygiene werden kann.
Dieses wissend, hat man sich beim englischen Glyndebourne-Festival, das einstens zur Aufführung Mozart’scher Werke im arkadischen Ambiente gegründet wurde, dazu entschlossen, einen ausschließlich Mozart gewidmeten Gesangswettbewerb ins Leben zu rufen. Den ersten Durchlauf gewann Ende März die 25-jährige Amerikanerin Samantha Hankey mit ihren Darbietungen von Arien aus „La finta giardiniera“und „La clemenza di Tito“.
Treppenwitz der Festspielgeschichte: Ausgerechnet anno 2018 spielt Glyndebourne Händel, Puccini, Richard Strauss und Debussy, aber keinen Mozart . . .
Dafür darf man hierzulande noch einmal an die Aktivitäten der HaydnRegion Niederösterreich erinnern, die ebenfalls einen neuen Wettbewerb ins Leben ruft: Er wird am 2. und 3. Juni in Rohrau unter der künstlerischen Leitung von Angelika Kirchschlager erstmals stattfinden – und fasst die Bedingungen, dem Genius loci gehorchend, ein wenig umfassender: Man bleibt in der stilistischen Region der Wiener Klassik, rückt aber Lied- und Oratorien- und Opernschaffen von Mozart, Beethoven, Christoph W. Gluck, Ignaz Pleyel und beider Brüder Haydn ins Zentrum.
Wobei die zweite Runde und das Finale jedenfalls Arien von Joseph und Michael Haydn enthalten müssen – von Meistern, die wie Mozart sensibel für ihre Sänger komponiert haben. Diesem österreichischen Pendant zur Pflege der klassischen Gesangskunst können Interessenten beiwohnen: Die Finalrunde ist öffentlich zugänglich. Alle nötigen Informationen unter : www.haydnregion-noe.at.