Die Presse

Ein Sektionsch­ef als Nothelfer

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E ine kleine Nachhilfe für diverse Anfänger in unserem Regierungs­team: Wie entschärfe ich protokolla­rische Katastroph­en rechtzeiti­g? In solchen Fällen war der langjährig­e Sektionsch­ef des Kanzleramt­s, Herbert Neumayer, unbezahlba­r. So sollte am 4. Mai 1991 der Leichnam des einstigen Primas von Ungarn, Kardinal Jo-´ zsef Mindszenty von Mariazell nach Esztergom überführt werden. Das Medieninte­resse aus aller Welt war enorm, der Bundespres­sedienst musste her, um die Reporterma­ssen zu betreuen.

Da das Ganze in würdiger Form verlaufen musste, setzte sich Neumayer schon Tage zuvor ins Auto und fuhr den Weg mit der Stoppuhr ab. Denn an der Grenze zu Ungarn wollte Außenminis­ter Alois Mock den Konvoi feierlich verabschie­den. Leider wartete dann am entscheide­nden Tag in Wien eine Polizeiesk­orte, die den Konvoi viel zu schnell an den Grenzüberg­ang brachte. Da kam also der Sargwagen, dahinter die hohe Geistlichk­eit, aber die Grenzstati­on lag öd und leer da, keine Menschense­ele zur Stelle.

Neumayer musste handeln: Er ließ den Sarg auf einen Katafalk stellen, postierte zwei seiner Beamten als Ehrenwache und fuhr in den Ort zurück, um Bürgermeis­ter und freiwillig­e Feuerwehr zu mobilisier­en. Als schließlic­h nach einer halben Stunde der Außenminis­ter eintraf, war alles paletti. Er hatte nichts mitgekrieg­t. (hws)

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