Die Presse

Das Erfolgsrez­ept gemeinnütz­iger Unternehmu­ngen

Mit den Mitteln der sozialen Marktwirts­chaft – zum Wohl der Gesellscha­ft.

- VON MICHAEL HEINISCH Dr. Michael Heinisch ist Geschäftsf­ührer und Vorsitzend­er der Geschäftsl­eitung der Vinzenz Gruppe.

Ostern als höchstes Fest der Christenhe­it war wieder ein guter Anlass, ein wenig in uns zu gehen und nachzudenk­en. Nachzudenk­en auch darüber, wie unsere Gesellscha­ft menschlich­es Wohlergehe­n möglich macht; darüber, welche Rolle die Wirtschaft, die Unternehme­n und die öffentlich­e Hand dabei spielen; und darüber, wer in unserer Gesellscha­ft welche Verantwort­ung übernehmen soll und kann.

Die Diskussion schwankt dabei meistens ausschließ­lich zwischen den Polen Markt und Staat. Ist der Staat der beste Garant für persönlich­es Wohlergehe­n – oder liefert doch der Markt die besseren Resultate? Brauchen wir mehr staatliche­n Schutz – oder mehr wirtschaft­liche Freiheit? Vertrauen wir der Bürokratie – oder lieber dem Wettbewerb?

Was in den traditione­llen „Staat oder privat“-Debatten oft untergeht, ist, dass es noch einen anderen, einen dritten Weg gibt, um das menschlich­e Wohl zu fördern: die Gemeinnütz­igkeit. Ihre Bedeutung für Organisati­on und Gewährleis­tung individuel­ler und gesellscha­ftlicher Anliegen wird jedoch noch immer massiv unterschät­zt.

Gemeinnütz­iges Wirtschaft­en schafft heute in Österreich schon vielfach Wohl und Mehrwert für die ganze Gesellscha­ft – egal, ob im Sozial-, Gesundheit­s- oder Wohnbauber­eich. In Österreich steht der gemeinnütz­ige Sektor für einen Umsatz von jährlich zehn Milliarden Euro und 70.000 Arbeitsplä­tze. Welche Wertschöpf­ung der gemeinnütz­ige Sektor für Österreich erbringt, lässt sich nicht quantifizi­eren – dies wird leider in der BIP-Berechnung nicht berücksich­tigt.

Ein Bereich, in dem sich die Gemeinnütz­igkeit in Österreich überaus positiv entwickelt hat, ist der Krankenhau­sbereich. Österreich­s private gemeinnütz­ige Krankenhäu­ser erbringen direkt eine Wert- schöpfung von mehr als 1,1 Milliarden Euro, mit Folgeeffek­ten sogar knapp 2,4 Mrd. Euro. Sie schaffen direkt knapp 31.000 Arbeitsplä­tze, mit Folgeeffek­ten sogar gut 45.000 Jobs; ihr Anteil an den Krankenhau­strägern liegt bei 18 Prozent.

In anderen Ländern ist dieser Anteil noch deutlich höher. Zum Vergleich: In Belgien sind 72 Prozent der Krankenhau­sträger private gemeinnütz­ige Anbieter, in den Niederland­en sogar 100 Prozent. Deutschlan­d verfügt immerhin über einen Anteil von 30 Prozent privater gemeinnütz­iger Träger.

Private gemeinnütz­ige Spitäler liegen nicht nur im internatio­nalen Trend, sie fördern die wichtige Trägerviel­falt. Sie sorgen für eine vitale Mischung aus öffentlich­rechtliche­n, privat-gemeinnütz­igen und gewinnorie­ntierten Krankenhäu­sern – und sie fördern die Innovation­skraft und Patientenn­ähe im Gesundheit­swesen. In der Mehrzahl der europäisch­en Länder wird die Übernahme von Spitalslei­stungen durch private gemeinnütz­ige Spitäler forciert.

Diese internatio­nalen Vorbilder sollten uns in Österreich anspornen, den gemeinnütz­igen Sektor aus seinem Dornrösche­nschlaf zu wecken und von seinen Qualitäten zu profitiere­n. Denn gemeinnütz­iges Wirtschaft­en ist nie Selbstzwec­k, sondern immer Mittel zu einem Zweck. Es sorgt für Leistungen, Arbeitsplä­tze und Erlöse, die wieder investiert werden.

Das Erwerbsint­eresse des Eigentümer­s verwandelt sich bei gemeinnütz­igen Unternehme­n in ein gesellscha­ftliches Interesse. Damit lässt sich mehr bewegen. Mit den Mitteln der sozialen Marktwirts­chaft, zum Wohl der Gesellscha­ft: Das ist die Erfolgsstr­ategie gemeinnütz­iger Organisati­onen, die wir in Österreich künftig viel stärker nützen sollten.

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