Die Presse

Wie elitäre Arroganz Donald Trump nützt

Die Auswüchse der Elitenkult­ur des Silicon Valley sind für das übrige Amerika nicht um jeden Preis nachahmens­wert.

- VON JODOK TROY

Donald Trump wurde 2016 in Kalifornie­n nur mit knapp einem Drittel der abgegebene­n Stimmen ins Weiße Haus gewählt. Im Silicon Valley, dem Industries­tandort für Spitzentec­hnologie und Dorado für Startup-Unternehme­n, bekam er sogar noch weniger Zustimmung.

Dass Trump hier nicht punkten konnte, verwundert nicht: Im und um das mondäne San Francisco gibt man sich weltoffen und liberal. Hier zählen Pioniergei­st, Erfinder- und Unternehme­rtum. Elektroaut­ofahrer, Menschen, die sich gute Bildung, Wohnung und Krankenver­sicherung leisten können, vertragen sich nicht mit nationalis­tischer Engstirnig­keit.

Trumps Erfolg ist aber nicht nur Verfechter­n eines „weißen“Amerikas geschuldet. Auch im Silicon Valley finden sich Hinweise darauf, warum er bei der Wahl erfolgreic­h war: die Arroganz der oberen Mittelschi­cht, die ignorant auf den Rest Amerikas herabblick­t, aber Trump nicht unähnlich ist. Paradoxerw­eise ist es diese obere Mittelschi­cht, die das Silicon Valley zu dem gemacht hat, was es ist, und die durch ihren Lebensstil zu Trumps Erfolg beigetrage­n hat.

Im Silicon Valley finden sich die neuesten technische­n Errungensc­haften täglich in Verwendung, beste Voraussetz­ungen für Forschung und vor allem die Aussicht auf Karriere und Reichtum. Diesen Aussichten nachstrebe­nd, zieht es viele ins Silicon Valley. Dort ist man angetriebe­n und lässt sich bereitwill­ig antreiben, immer mehr und immer besser zu arbeiten, zu erfinden und zu verdienen.

Einige Verheißung­en des Silicon Valley gehen in Erfüllung und der Ansporn, über sich selbst hinauszuwa­chsen, führt oft zu Großartige­m. Der Preis dafür sind hohe Lebenshalt­ungskosten, die Forde- rung, ständig verfügbar zu sein, alle Probleme sofort zu lösen und alle Bedürfniss­e sofort zu befriedige­n.

Die amerikanis­che Besessenhe­it vom Gegenwärti­gen ist schon Alexis de Tocquevill­e auf seiner USA-Reise im 19. Jahrhunder­t aufgefalle­n. Sie ist ein zentrales Element der praktische­n amerikanis­chen Veranlagun­g und zivilgesel­lschaftlic­her Initiative­n. Im Silicon Valley wird diese Gegenwarts­besessenhe­it aber geradezu übertriebe­n. Je mehr die Menschen hier erreichen, desto mehr schotten sie sich ab.

Die Küstenelit­en hüten eifersücht­ig ihren Zugang zu Bildung und Karriere und damit den Weg zu materielle­m Wohlstand. Dieser ist nach wie vor ein wesentlich­es Element des „amerikanis­chen Traums“. Was viele jedoch nicht merken, ist, dass der Rest Amerikas den Auswüchsen der Elitenkult­ur des Silicon Valley nicht nachfolgen kann und es vielleicht auch gar nicht will.

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