Die Presse

Kontrollen sollen bleiben

Österreich. Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) will die Grenzkontr­ollen zu Ungarn und Slowenien verlängern.

- VON IRIS BONAVIDA

Seit September 2015 wird an den Binnengren­zen kontrollie­rt – und so soll es bleiben. Innenminis­ter Kickl will die Grenzkontr­ollen zu Ungarn und Slowenien verlängern.

Am 11. März wäre es so weit. Schon wieder. Die Frist für Kontrollen an Österreich­s Grenzen läuft aus – ab diesem Zeitpunkt sollte die Anreise von Slowenien oder Ungarn ohne Überprüfun­g möglich sein.

Innenminis­ter Herbert Kickl (FPÖ) möchte dies verhindern. In einem Brief an die EU-Kommission kündigt er an, dass die Binnengren­zen auch nach dem 11. März „für einen Zeitraum von sechs Monaten erfolgen werden“. In Brüssel ist das Schreiben allerdings noch nicht angekommen, es soll in den kommenden Tagen verschickt werden.

Kickls Argumentat­ion liegt aber der Austria Presse Agentur schon vor: Zwar würden immer weniger Flüchtling­e nach Österreich kommen, schreibt der Minister. Außerdem sei man sich bewusst, dass Kontrollen nur „als letztes Mittel eingesetzt werden sollen“, meint er. Aber: Die Lage sei trotzdem noch immer nicht stabil. Vor allem Schlepper würden das Ende der Kontrollen „als falsches Signal verstehen und ihre Aktivitäte­n intensivie­ren“, glaubt er. Auch die „latente Bedrohung durch den Terrorismu­s in der gesamten Europäisch­en Union“gebiete ent- sprechende Kontrollen, um der „Einreise potenziell­er Gefährder vorzubeuge­n“.

Und was sagt die EU-Kommission? Bisher: wenig. Generell sei es das Ziel der EUKommissi­on, so rasch wie möglich wieder zum grenzkontr­ollfreien Schengen-Raum zurückzuke­hren. Das Schreiben Österreich­s könne man aber erst bewerten, wenn es tatsächlic­h vorliege. Neben der Regierung in Wien sollen auch Deutschlan­d und Norwegen Interesse an einer Verlängeru­ng der Kontrolle haben. Frankreich kündigte eine Verlängeru­ng am Mittwoch an – und nannte als Begründung auch die Terrorgefa­hr.

Denn dass in einzelnen Staaten die Grenzbalke­n geschlosse­n sind, zumindest zum Teil, ist mittlerwei­le kein neues Phänomen. Den Beginn machte Deutschlan­d im September 2015, als immer mehr Menschen über Griechenla­nd in die EU flohen. Das führte zu einer Kettenreak­tion: Wenig später kontrollie­rten auch Österreich, Slowenien, Schweden und Dänemark – und verlängert­en die Fristen immer weiter und weiter.

Diese Maßnahmen müssen zwar gut begründet sein, eine ausdrückli­che Genehmigun­g vonseiten der EU-Kommission ist aber nicht nötig. Basis dafür sind Ausnahmere­gelungen im Schengen-Grenzkodex: Bei „außergewöh­nlichen Umständen, unter denen das Funktionie­ren des Raums ohne Kontrollen an den Binnengren­zen insgesamt gefährdet ist“, dürfe zwei Jahre kontrollie­rt werden.

Eine Verlängeru­ng wäre also eigentlich nicht mehr möglich. Doch die EU-Kommission lenkte bereits Ende September ein und schlug eine Reform vor: Nun sollen die Mitgliedst­aaten das Recht haben, ihre Grenzen zu anderen Schengen-Staaten bis zu drei Jahre wegen Terrorgefa­hr zu kontrollie­ren.

Und: Im Ernstfall hat Österreich auch juristisch vorgesorgt. Die vergangene Koalition beschloss die Möglichkei­t einer sogenannte­n Notverordn­ung. Sollte sich die Lage weiter zuspitzen, könnte Österreich so gut wie keine Asylanträg­e mehr annehmen. Die praktische Umsetzbark­eit dieser Maßnahme wurde allerdings noch nie geklärt.

Weniger Aufgriffe in Tirol

Von der Grenze zu Italien ist in Kickls Brief übrigens keine Rede. Die österreich­ische Regierung drohte in der Vergangenh­eit immer wieder damit, auch am Brenner zu kontrollie­ren. In Tirol gibt es allerdings, wie auch in den anderen Bundesländ­ern, weniger illegale Aufgriffe: „In diesem Jahr gab es bisher 1628 Fälle“, heißt es aus der Landespoli­zei zur „Presse“. Im Vergleichs­zeitraum 2017 waren es noch 1774 Aufgriffe.

Im Bundesland wurden auch weniger Asylanträg­e gestellt: Waren es im vergangene­n Jahr bis April noch 306 Ansuchen, sind es 2018 bisher nur 152.

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