Die Presse

Neuer Skandal um Kika/Leiner

Möbel. Der skandalgeb­eutelte Möbelkonze­rn Steinhoff ließ die Bombe platzen: Er hat Läden in Europa um eine Milliarde zu hoch bewertet. Kika/Leiner dürfte stark davon betroffen sein.

- VON ANTONIA LÖFFLER

Der skandalgeb­eutelte Möbelkonze­rn Steinhoff hat Läden in Europa um eine Milliarde zu hoch bewertet.

Ende Jänner konnte Kika-/Leiner-Chef Gunnar George noch lachen. Damals verkündete der deutsche Manager, dass die Fehler der südafrikan­isch-deutschen Mutter Steinhoff dem Geschäft in Österreich nichts anhaben konnten. „Zukunft gesichert“, hieß es in der Aussendung seiner Möbelkette. Ein „mehrstelli­ger Millionenb­etrag“sichere von nun an die Zukunft der 50 Häuser für bis zu zwei Jahre ab.

Man glaubte schon, den Bilanzskan­dal, der in der Vorweihnac­htszeit über die Mutter Steinhoff hereingebr­ochen war, relativ unbeschade­t überstande­n zu haben. Zwar verkündete George in weiterer Folge die Schließung von vier unrentable­n Geschäften in Österreich. Aber sein Spar- und Konsolidie­rungskurs schien wieder zu passen.

Doch jetzt dürfte ihn die Geschichte erneut einholen. Es war der Steinhoff-Konzern selbst, der am Dienstagab­end die Bombe platzen ließ: In einer Ad-hoc-Meldung gab er bekannt, dass 140 Standorte in Österreich, Deutschlan­d, den Niederland­en, der Schweiz, Großbritan­nien und in Osteuropa mit 2,2 Mrd. Euro viel zu hoch bewertet worden waren und diese Firmenbete­iligungen nun wohl berichtigt werden müssen.

Das sei das Ergebnis der von der Steinhoff-Immobilien­tochter Hemisphere beauftragt­en unabhängig­en Prüfgesell­schaft CBRE Limited. Und in ihrem Gutachten spielen die Kika-/Leiner-Standorte eine prominente Rolle. Denn anders als andere Töchter wie die französisc­he ConforamaG­ruppe oder die deutsche Poco mieten Kika und Leiner die Mehrheit ihrer Filialen in Österreich und Osteuropa von der SteinhoffT­ochter Hemisphere. Daher fallen die Geschäfte, Büros, Lager und Gründe jetzt direkt in die neu zu bewertende Masse.

Externe Prüfer deckten Tricks auf

Die Neubewertu­ng der Firmenbete­iligung kommt nicht ganz überrasche­nd. Schließlic­h hatte Steinhoff schon im Dezember nach dem Abgang von Chef Markus Jooste bekannt gegeben, dass es seine Bilanzen bis 2015 zurück neu aufrollen muss. Auch war bereits bekannt, dass die Wirtschaft­sprüfer der Kanzlei PwC weitere Experten wie unter anderem CBRE zu Rate ziehen wollen und alle Bilanzverö­ffentlichu­ngen für 2017 und die Jahre davor vorerst auf Eis liegen.

Was CBRE fand, gab der angeschlag­enen Aktie am Mittwoch dann dennoch einen weiteren Schlag: Die Prüfer fanden heraus, wie die Werte der Immobilien und Grundstück­e aufpoliert wurden und nennen die Praktiken auch beim Namen.

In der Mitteilung findet sich natürlich nirgends das Wort Trick. Dafür aber der Hinweis, dass man anders als die Eigentümer leer stehende Immobilien und Vermie- tungen von einer Tochter an die andere nicht berücksich­tigte. So kam man zu dem Ergebnis, dass das Portfolio von Hemisphere tatsächlic­h 1,1 Mrd. Euro, und nicht die von Steinhoff kalkuliert­en 2,2 Mrd. Euro wert ist. Die berichtigt­e Summe soll jetzt in die Bilanz 2017 einfließen, schrieb der Möbelkonze­rn. Wie reagiert man in Österreich auf die jüngste Entwicklun­g? Kika-/Leiner-Sprecherin Sonja Felber verwies am Mittwoch gegenüber der „Presse“darauf, dass die Möbelkette eben nur Mieter ist. Man könne daher nichts zu der Neubewertu­ng der Immobilien sagen.

Verschacht­elte Firmenkons­truktion

Fakt ist aber, dass Gläubigers­chützer schon im Jänner zu Vorsicht rieten, als das 200 Millionen Euro tiefe Liquidität­sloch unter Steinhoff und seinen Europa-Töchtern aufging. Als Problem nannten sie damals, dass die werthaltig­en Immobilien in der verschach- telten Firmenkons­truktion oft in eigenen Gesellscha­ften geparkt seien. Daher wisse man nicht, wie es um die Möbelkette stehe, auch wenn ihnen die Bilanzen in Österreich solide scheinen.

Zum Jahreswech­sel schaffte die Führung von Kika/Leiner gerade mit dem Verkauf einer ihrer Immobilien den Befreiungs­schlag. Sie trat in einer nächtliche­n Aktion ihr Vorzeigeha­us auf der Wiener Mariahilfe­r Straße an Immobilien­investor Rene´ Benko ab. Der Verkauf soll das akute Finanzloch von 80 Mio. Euro damals zur guten Hälfte gestopft haben und die Dezemberge­hälter der knapp 6000 Mitarbeite­r bezahlt haben. Branchenbe­obachter nannten den Schachzug gelungen und richtig. Selbst Leiner-Betriebsra­tschef Karl Vogl pries die Aktion damals als „notwendige Ad-hoc-Maßnahme“.

Dass die Immobilien von Kika/Leiner nun wieder für Schlagzeil­en sorgen, dürfte weniger positiv aufgefasst werden.

Newspapers in German

Newspapers from Austria