Die Presse

Lippenbeke­nntnis zum Schutz der EU-Grenzen

Frontex. Die Bundesregi­erung betont die Wichtigkei­t einer starken Europäisch­en Grenz- und Küstenwach­e. Ihrem Budgetentw­urf ist nicht zu entnehmen, dass sie mehr österreich­ische Beamte dafür einsetzen will.

- Von unserem Korrespond­enten OLIVER GRIMM

Wer das Regierungs­programm von ÖVP und FPÖ zur Hand nimmt, der kann die Sichtweise dieser Koalition schwarz auf weiß lesen: Eine „Rückkehr zu Schengen“, also dem Reisen ohne Grenzkontr­ollen innerhalb der Union, könne es erst wieder geben, „wenn die illegale Migration gestoppt und europäisch­e Außengrenz­en gesichert sind“. Wenn man den Einwand beiseite lässt, dass sich illegale Einwanderu­ng wohl nie völlig stoppen lässt, die türkis-blaue Regierung insofern also für ihre gesamte Legislatur­periode die Einreise an Österreich­s Grenzen kontrollie­ren lassen will, findet sich ein konkreter Politikvor­schlag, um dieses Problem wenigstens zu mindern: „Unterstütz­ung von europäisch­en Arbeiten, um ein einheitlic­hes hohes Grenzüberw­achungs- und Personenko­ntrollnive­au an europäisch­en Außengrenz­en sicherzust­ellen“, weshalb der „EUAußengre­nzschutz“„einer der Schwerpunk­te im Rahmen des österreich­ischen EU-Ratsvorsit­zes“ab Juni sein werde.

Doch ein Blick in den Budgetentw­urf lässt den Schluss zu, dass die Regierung nicht vorhat, sich allzu sehr beim Schutz der gemeinsame­n Außengrenz­e der Union zu engagieren. Im Teilheft „Inneres“findet sich nämlich der Eintrag, dass österreich­ische Exekutivbe­amte heuer mindestens 10.000 Einsatztag­e im Rahmen von Frontex, also der Europäisch­en Grenz- und Küstenwach­e, leisten sollten. Zum Vergleich wird die Zahl der im Jahr 2016 absolviert­en Frontex-Einsatztag­e angeführt: 11.820. Folglich plant Innenminis­ter Herbert Kickl, zumindest gemessen am dafür budgetiert­en Personalau­fwand, nach derzeitige­m Stand eine um rund 15 Prozent geringere Beteiligun­g Österreich­s am Schutz der Außengrenz­e Europas, als das vor zwei Jahren der Fall gewesen ist.

400 Österreich­er 2017 bei Frontex

Natürlich ist es denkbar, dass der Innenminis­ter bis zur Verabschie­dung des Budgets eine stärkere Beteiligun­g Österreich­s im Rahmen von Frontex beschließt, zumal er die Bedeutung dieser in Warschau ansässigen EU-Agentur zuletzt stets betont hat (auch im Regierungs­programm steht, dass man die Zusammenar­beit von Frontex und den Mitglieder­n stärken wolle).

Per Ende 2017 waren laut Aussendung des Ministeriu­ms 225 österreich­ische Beamte Teil der 5000 Köpfe zählenden Grenz- und Küstenwach­e. Laut Frontex waren es im gesamten vergangene­n Jahr 400 Beamte aus Österreich. Im Durchschni­tt war jeder dieser Exekutivbe­diensteten zwei Monate stationier­t. 1500 Mann und Frau stark ist der Frontex-Soforteins­atzpool, der binnen fünf Tagen eingreifen kann. Österreich stellt hier 34 Mitglieder. Zum Vergleich: Aus Litauen kommen 39, aus Portugal 47, als Slowenien und Slowakei je 35 Personen.

292 Millionen Euro beträgt der FrontexHau­shalt derzeit, er ist Teil des EU-Budgets. Wollte man den Schutz der gesamten Außengrenz­en gemeinsam finanziere­n, würde das laut Berechnung der Europäisch­en Kommission 100.000 Grenzschüt­zer und ein Jahresbudg­et von rund 21,5 Milliarden Euro erfordern. Das wären 14 Prozent des derzeitige­n EU-Budgets, welches rund ein Prozent der Wirtschaft­sleistung Europas beträgt.

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