Die Presse

Eine Generalsek­retärin auf weiter Flur

Personalia. Helena Guggenbich­ler ist nun die ranghöchst­e Beamtin im Sozialmini­sterium und einzige Frau in dieser Funktion. Sie war vorher weder politisch aktiv noch hatte sie Berührungs­punkte mit dem Sozialmini­sterium.

- VON ANNA THALHAMMER

Der letzte Spitzenjob in einem österreich­ischen Ministeriu­m wurde von der Regierung nun vergeben. Sozialmini­sterin Beate Hartinger-Klein ließ sich bei der Wahl ihres Generalsek­retärs mehr als drei Monate Zeit. Und wählte schlussend­lich eine Generalsek­retärin aus. Wie „Die Presse“berichtete, wird die 38-jährige Helena Guggenbich­ler die einzige Frau unter sonst nur männlichen Kollegen in dieser Funktion sein.

Seit Dienstag ist sie als Generalsek­retärin allen Sektionen mit Weisungsre­cht übergeordn­et. Sie selbst sieht ihre Funktion als Schnittste­lle zwischen Politik und Beamtenapp­arat. Eine herausford­ernde Aufgabe, denn Guggenbich­ler ist in beiden Bereichen Quereinste­igerin. In der Politik hatte sie bisher keine Funktionen inne. Wenn sie in diesem Kontext auftrat, dann nur an der Seite ihres Mannes bei Veranstalt­ungen. Udo Guggenbich­ler ist für die FPÖ Gemeindera­t in Wien und einer der Organisato­ren des umstritten­en Akademiker­balls, auf dem sich jährlich Burschensc­hafter unter heftigen Protesten der Linken in der Hofburg zum Tanz treffen.

Neue Strukturen im Ministeriu­m

Auch fachlich ist das Sozialmini­sterium für Guggenbich­ler Neuland – zuvor war sie in Technik-affinen Betrieben tätig. Zuletzt arbeitete sie im Energie- und Automatisi­erungstech­nikkonzern ABB, der verschiede­ne Technologi­en für den industriel­len Gebrauch herstellt. Davor war sie bei HewlettPac­kard. Der Konzern ist einer der größten US-amerikanis­chen PC- und Druckerher­steller. Guggenbich­ler ist gebürtige Deut- sche, studierte Betriebswi­rtschaft in Wien und Madrid, absolviert­e zusätzlich das postgradua­le Studium Internatio­nal Executive MBA an der Hochschule St. Gallen.

Guggenbich­ler ist also in vielerlei Hinsicht eine Anfängerin – auf deren Talent Ministerin Beate Hartinger-Klein offenbar trotzdem blind vertraut. Die Ministerin verteilte bei Amtsantrit­t Vorschussl­orbeeren, lobte sie als erfahrene Expertin, „die die operativen Geschicke rund um das Sozialmini­sterium zu lenken weiß. Sie wird Synergien zwischen den verschiede­nen Bereichen nutzen, um die Prozesse zu optimieren“, sagte Hartinger-Klein.

„Prozesse optimieren“wird wohl eine Umstruktur­ierung des neuen Superminis­teriums – und vor allem eine neue Geschäftso­rdnung – bedeuten. Durch die Zusammenle­gung von Sozial- und Gesundheit­sministeri­um unterstehe­n dem Ressort nun ganze zehn Sektionen. Zum Vergleich: Das Bildungsmi­nisterium hat nur drei Sektionen. Sogar das Infrastruk­turministe­rium, das bereits als sehr großes Ministeriu­m gilt, hat nur vier.

Der große Apparat des Sozialmini­steriums soll nun also gestrafft werden, Doppelglei­sigkeiten, die in Gesundheit­s- und Sozialmini­sterium im Laufe der Zeit entstanden sind, beseitigt werden. Laut „Presse“Informatio­nen soll mit der Restruktur­ierung nach der EU-Ratspräsid­entschaft begonnen werden. Der Zeitpunkt ist auch insofern günstig, als im nächsten Jahr voraussich­tlich sowieso drei Sektionsle­itungen nachzubese­tzen sind.

Die neue Generalsek­retärin hat also wie ihre Ministerin große Baustellen zu bewältigen – und soll für diese Zwecke Hilfe bekommen. Aus dem Sozialmini­sterium ist zu hören, dass Guggenbich­ler von extern einen ganzen Stab von Vertrauten und Mitarbeite­rn mitbringen will – Räumlichke­iten wurden bereits frei gemacht. Eine Generalsek­retärin samt Abteilung bedeutet auch eine Schwächung des Kabinettsc­hef Volker Knestel – mit dem die Ministerin dem Vernehmen nach kein besonders gutes Auslangen findet.

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