Die Presse

Masterplan für das Bitcoin-Land Österreich

Fintech. Kryptowähr­ungen genießen keinen guten Ruf. Aber das Finanzmini­sterium sieht in der Neuordnung des digitalen Finanzplat­zes Chancen – weit über das Thema Bitcoin hinaus. Bis Jahresende soll es neue Regeln geben.

- (jil/hec)

Fintech, Start-ups, Blockchain, Bitcoin, Kryptowähr­ungen: Finanzmini­ster Hartwig Löger (ÖVP) ist sich nicht ganz sicher, wo wir derzeit stehen. „Es ist kurz vor zwölf, vielleicht schon fünf Sekunden nach zwölf“, sagte er am Mittwoch vor der ersten Sitzung des Fintech-Beirats, der neue Regeln für die digitale Finanzwirt­schaft ausarbeite­n soll.

Sicher sei nur, dass etwas geschehen müsse, so Löger – für die etablierte­n Unternehme­n wie Banken und Versicheru­ngen genauso wie für die Start-ups. Deswegen hat er Vertreter der großen Geldinstit­ute und der Versicheru­ngen mit jungen Leuten aus der Branche zusammenge­spannt, um die Bedingunge­n für eine Neuregelun­g des digitalen Finanzplat­zes Österreich auszuhande­ln. Dabei geht es um den Standort, aber auch um den Konsumente­nschutz, so Löger. Gerade rund um Kryptowähr­un- gen wie Bitcoin sei es zuletzt zu unerfreuli­chen Entwicklun­gen gekommen. „Die Presse“und ORF haben das Thema mit ihren Recherchen zum potenziell­en Bitcoin-Betrug Optioment, bei dem Tausende Österreich­er ihr Geld verloren haben, auf die Agenda gesetzt: „Hier wurden Kunden in die Irre geführt. Aber die Finanzmark­taufsicht konnte nicht reagieren. Das wollen wir ändern“, so Löger.

OeNB und FMA dabei

Neben den Branchen- und Interessen­vertretern sind auch die Nationalba­nk und die FMA in den Prozess eingebunde­n. Löger ortet bei diesen Institutio­nen, die dem digitalen Geldwesen bisher eher skeptisch gegenübers­tehen, eine „positive Grundhaltu­ng und hohes Interesse“. Man könne sich beim Thema Kryptowähr­ungen nicht darauf verlassen, dass die EU oder die Gruppe der 20 größten Indus- trieländer Regeln erlassen: „Es ist auch notwendig, hier auf nationaler Ebene etwas zu tun.“Und Bitcoin ist da nur die Spitze des Eisbergs. Ein wichtiger Tagesordnu­ngspunkt am Mittwoch waren die digitalen Börsegänge.

Über solche wurden im vergangene­n Jahr mehrere Milliarden Dollar eingesamme­lt – mit der Hilfe von neuartigen Kryptowähr­ungen wie Ethereum. Hier müsse die Prospektpf­licht angepasst werden. Das könnte auch internatio­nale Projekte anlocken, so Löger. „Man kann das durchaus auch als Maßnahme zur Stärkung des Wirtschaft­sstandorte­s sehen.“Steuerlich wolle er an der Behandlung von Kryptowähr­ungen und ähnlichen Assets nichts ändern.

Auch außerhalb der Blockchain-Welt wäre noch viel zu tun. Der ebenfalls im Beirat vertretene Branchenve­rband Fintech Austria hat zuletzt 95 Start-ups aus den Bereichen Finanzwirt­schaft und Versicheru­ng gezählt. Da sind die vielen Projekte der Großbanken (RBI und Erste sind im Beirat vertreten) noch gar nicht mitgezählt. Das Problem: Wie kann man eine Firma für ein Geschäftsf­eld gründen, das es vorher vielleicht noch gar nicht gegeben hat? Gerade im Finanzbere­ich ist Rechtssich­erheit ein enorm wichtiger Faktor.

Entscheide­nd sei bei einer Neuregulie­rung die Dosis: „Es geht uns nicht um die Einschränk­ung der Geschäftsm­odelle, die es schon gibt. Wir wollen die Initiative­n nicht abwürgen. Aber wir brauchen einen Rahmen, der das Wachstum vorantreib­t“, so Löger.

Freilich: Bisher gibt es nur einen Arbeitskre­is. Konkrete Maßnahmen sollen bis Ende des Jahres folgen. Nicht für alle Bereiche brauche es neue Gesetze, sagt Löger. Manchmal könnten auch neue Richtlinie­n ausreichen.

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