Die Presse

„Wir sind pleite“ist kein guter Witz

Marktmanip­ulation. Ein Scherz wie der des Tesla-Chefs könnte in Europa strafbar sein.

- VON CHRISTINE KARY

Tesla sei komplett und absolut pleite, twitterte Konzernche­f Elon Musk am 1. April. „So pleite, man glaubt es gar nicht.“Auch ein „verzweifel­ter Massenverk­auf von Ostereiern“habe nichts mehr genützt. Klar, es war ein Aprilscher­z. Allerdings einer, bei dem vielen Tesla-Aktionären das Lachen verging, zumal der Elektroaut­o-Pionier in letzter Zeit tatsächlic­h vom Pech verfolgt zu sein schien.

Ob irgendwer den Tweet ernst genommen hat? Das wissen wir nicht, und genauso wenig, ob der Kursabstur­z am Tag danach damit zu tun hatte – die Aktie befand sich schon vorher im Abwärtssog. Trotzdem stellt sich die Frage: Darf sich ein Topmanager solche Scherze erlauben? Oder kann er sich damit sogar strafbar machen, weil die Falschmeld­ung für bare Münze genommen werden und den Aktienkurs beeinfluss­en könnte?

„Ganz ohne wäre die Sache nach österreich­ischem Recht wahrschein­lich nicht“, sagt Anwalt Clemens Hasenauer, Experte für Kapitalmar­ktrecht bei CHSH. „Grundsätzl­ich stellen zwar Aussagen, die von niemandem ernst genommen werden und für jedermann als Scherz durchschau­bar sind, keine Marktmanip­ulation dar. Ob das hier der Fall ist, kann aber sicherlich diskutiert werden.“Zumal es nicht entscheide­nd sei, wie der Erklärende seine Äußerung verstanden wissen wollte, sondern wie sie aus Empfängers­icht objektiv verstanden werden musste.

„Die Presse“fragte auch bei der Finanzmark­taufsicht (FMA) nach. Die betont, dass für den konkreten Fall US-Recht gelte. Heimischen Managern rät sie jedoch von solchen Scherzen dringend ab. „Nach europäisch­em Recht wäre so etwas höchstwahr­scheinlich als informatio­nsgestützt­e Marktmanip­ulation zu werten“, sagt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Darunter versteht man – vereinfach­t gesagt – das (mediale) Verbreiten von Informatio­nen, die falsche oder irreführen- de Signale an den Markt aussenden. Verboten ist das laut EUMarktmis­sbrauchsve­rordnung (EU 596/2014) und Börsengese­tz, empfindlic­he Geldstrafe­n drohen: bis zu fünf Millionen Euro oder bis zum Dreifachen eines allfällige­n aus dem Verstoß gezogenen Nutzens – etwa wenn man nachher die Aktie billig kauft und von einer späteren Kurserholu­ng profitiert. Auch eine Verbandsst­rafe für das Unternehme­n ist möglich.

Eine Meldung, die ein Konzernche­f twittert, ist vor allem wegen ihrer Breitenwir­kung heikel: Medien greifen solche Nachrichte­n auf und verbreiten sie weiter, und das vielleicht nicht wortwörtli­ch, sondern in verkürzter Form. „Ob es ein Scherz ist oder nicht, kann dann schwer zu unterschei­den sein“, sagt Grubelnik. Sein Fazit: Ein Firmenchef darf so etwas nicht tun, wobei einer, der so extrem mit seinem Konzern identifizi­ert wird wie Elon Musk mit Tesla, sogar noch größere Sorgfaltsp­flichten habe. „Aber auch für jeden anderen Manager wäre es untragbar.“

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