„Wir sind pleite“ist kein guter Witz
Marktmanipulation. Ein Scherz wie der des Tesla-Chefs könnte in Europa strafbar sein.
Tesla sei komplett und absolut pleite, twitterte Konzernchef Elon Musk am 1. April. „So pleite, man glaubt es gar nicht.“Auch ein „verzweifelter Massenverkauf von Ostereiern“habe nichts mehr genützt. Klar, es war ein Aprilscherz. Allerdings einer, bei dem vielen Tesla-Aktionären das Lachen verging, zumal der Elektroauto-Pionier in letzter Zeit tatsächlich vom Pech verfolgt zu sein schien.
Ob irgendwer den Tweet ernst genommen hat? Das wissen wir nicht, und genauso wenig, ob der Kursabsturz am Tag danach damit zu tun hatte – die Aktie befand sich schon vorher im Abwärtssog. Trotzdem stellt sich die Frage: Darf sich ein Topmanager solche Scherze erlauben? Oder kann er sich damit sogar strafbar machen, weil die Falschmeldung für bare Münze genommen werden und den Aktienkurs beeinflussen könnte?
„Ganz ohne wäre die Sache nach österreichischem Recht wahrscheinlich nicht“, sagt Anwalt Clemens Hasenauer, Experte für Kapitalmarktrecht bei CHSH. „Grundsätzlich stellen zwar Aussagen, die von niemandem ernst genommen werden und für jedermann als Scherz durchschaubar sind, keine Marktmanipulation dar. Ob das hier der Fall ist, kann aber sicherlich diskutiert werden.“Zumal es nicht entscheidend sei, wie der Erklärende seine Äußerung verstanden wissen wollte, sondern wie sie aus Empfängersicht objektiv verstanden werden musste.
„Die Presse“fragte auch bei der Finanzmarktaufsicht (FMA) nach. Die betont, dass für den konkreten Fall US-Recht gelte. Heimischen Managern rät sie jedoch von solchen Scherzen dringend ab. „Nach europäischem Recht wäre so etwas höchstwahrscheinlich als informationsgestützte Marktmanipulation zu werten“, sagt FMA-Sprecher Klaus Grubelnik. Darunter versteht man – vereinfacht gesagt – das (mediale) Verbreiten von Informationen, die falsche oder irreführen- de Signale an den Markt aussenden. Verboten ist das laut EUMarktmissbrauchsverordnung (EU 596/2014) und Börsengesetz, empfindliche Geldstrafen drohen: bis zu fünf Millionen Euro oder bis zum Dreifachen eines allfälligen aus dem Verstoß gezogenen Nutzens – etwa wenn man nachher die Aktie billig kauft und von einer späteren Kurserholung profitiert. Auch eine Verbandsstrafe für das Unternehmen ist möglich.
Eine Meldung, die ein Konzernchef twittert, ist vor allem wegen ihrer Breitenwirkung heikel: Medien greifen solche Nachrichten auf und verbreiten sie weiter, und das vielleicht nicht wortwörtlich, sondern in verkürzter Form. „Ob es ein Scherz ist oder nicht, kann dann schwer zu unterscheiden sein“, sagt Grubelnik. Sein Fazit: Ein Firmenchef darf so etwas nicht tun, wobei einer, der so extrem mit seinem Konzern identifiziert wird wie Elon Musk mit Tesla, sogar noch größere Sorgfaltspflichten habe. „Aber auch für jeden anderen Manager wäre es untragbar.“