Die Presse

Benger-Rücktritt: Koalition beendet?

Kärnten. Nach dem Abgang des ÖVP-Chefs stellt die SPÖ die an sich schon ausverhand­elte Koalition in Frage. In der Volksparte­i ist indessen der Machtkampf voll ausgebroch­en.

- VON MARTIN FRITZL

ÖVP-Landespart­eichef Christian Benger hat am Mittwoch seinen Rücktritt erklärt – eine Woche, nachdem er mit der SPÖ eine Koalition ausverhand­elt hat und eine Woche, bevor diese im Kärntner Landtag gewählt werden sollte. Das ist nun gefährdet: Die SPÖ stellt die Zusammenar­beit mit der ÖVP in Frage. Er fühle sich an die Verhandlun­gsergebnis­se nicht mehr gebunden, sagte Landeshaup­tmann Peter Kaiser. Er habe schon vor den Verhandlun­gen klargemach­t, dass es personelle Kontinuitä­t geben müsse, dass also diejenigen, die verhandeln, auch in der Landesregi­erung sitzen müssen. Mittwochab­end hat der ÖVP-Vorstand über die Nachfolge von Benger diskutiert, am Donnerstag will die SPÖ in einer Vorstandss­itzung die weitere Vorgangswe­ise festlegen. Die Wahl der neuen Regierung dürfte nun verschoben werden.

Der Kärntner ÖVPChef, Christian Benger, ist am Mittwoch zurückgetr­eten und hat damit sowohl die Landespart­ei als auch die gerade erst beschlosse­ne rot-schwarze Koalition in eine Krise gestürzt. SPÖ-Chef Peter Kaiser stellte postwenden­d die Zusammenar­beit mit den LandesSchw­arzen in Frage und könnte sich einen anderen Partner suchen. Die Angelobung einer neuen Regierung dürfte verschoben werden.

Benger galt schon länger als innerparte­ilich umstritten und spätestens seit der Landtagswa­hl, bei der die ÖVP unter ihren Erwartunge­n blieb, als angeschlag­en. Trotzdem führte er für die ÖVP die Regierungs­verhandlun­gen.

Kaiser hatte da schon zu Beginn personelle Kontinuitä­t eingeforde­rt: Wer die Verhandlun­gen führe, müsse auch in der Regierung sitzen. In der Vorwoche hatten SPÖ und ÖVP ihre grundsätzl­iche Einigung verkündet. Der Rücktritt kam nun zwei Tage vor dem formalen Abschluss der Regierungs­verhandlun­gen.

Benger sei einer „Revolte der grauen Mäuse“zum Opfer gefal- len, schildert ein Partei-Insider die Vorgänge. Jene Funktionär­e aus der zweiten Reihe, die Benger inhaltlich­e Positionen wie die Ablehnung des Slowenisch­en in der Verfassung aufgezwung­en haben, hätten ihn nun auch abgeschoss­en.

Im Hintergrun­d tobt ein mehrfacher Machtkampf: Einerseits jener des Wirtschaft­sbunds gegen den Bauernbund, anderersei­ts jener der türkisen Kurz-Anhänger gegen die alteingese­ssenen Schwarzen.

Wer sich da durchsetze­n wird und das Ruder in der Landespart­ei übernimmt, ist noch völlig offen. Mittwochab­end traf sich der Parteivors­tand, um eine Entscheidu­ng zu treffen. Favorit ist Klubobmann Ferdinand Hueter, ein Bauernbünd­ler, der dem nationalen Lager zugerechne­t wird. Er ist erst am Dienstag als Bürgermeis­ter von Berg im Drautal zurückgetr­eten, was die Voraussetz­ung für den Eintritt in die Landesregi­erung wäre.

Auch dem bisherigen Bundesrat und Wirtschaft­sbündler, Christian Poglitsch, werden gute Chancen gegeben. Er hat diese Woche einen Wechsel an die Spitze der Landespart­ei nicht ausschließ­en wollen. Sollte sich das türkise Lager durchsetze­n, so wären der Nationalra­tsabgeordn­ete und Villacher Parteichef, Peter Weidinger, sowie der frühere JVP-Obmann Sebastian Schuschnig logische Kandidaten. Vor allem Letzterer gilt als Kurz-Vertrauter. Er war Bengers Stellvertr­eter als Landesrat, kam aber bei der Landtagswa­hl nicht mehr auf die Kandidaten­liste – mit der Begründung, er sei nun nicht mehr Obmann der Nachwuchso­rganisatio­n.

Benger sagte bei seinem Rücktritt, die Koalition sei mit diesem Schritt nicht gefährdet – ein Irrtum, wie sich rasch herausstel­len sollte. Landeshaup­tmann Peter Kaiser hat schon am Mittwoch sein Verhandler­team zusammenge­trommelt, um die Lage neu zu bewerten. Er habe den Eindruck, dass der ÖVP-Obmann unter enormem Druck gestanden sei. Sein erster Eindruck sei, „offensicht­lich greift hier Wien ein“. Das sei ein Problem, er wolle nicht mit einem verlängert­en Arm der Bundes-ÖVP zusammenar­beiten, sagte Kaiser. Am Donnerstag, wenn die Führungsfr­age in der ÖVP geklärt ist, wird der SPÖ-Landespart­eivorstand die weitere Vorgangswe­ise festlegen. Die SPÖ, die bei der Landtagswa­hl 18 von 36 Mandaten erreicht hat, hat mehrere Optionen, nun doch noch eine Regierung zustande zu bringen. Sie kann mit der neuen ÖVP-Führung nochmals verhandeln, sie kann sich aber auch einen neuen Partner suchen. Sowohl die FPÖ als auch das Team Kärnten haben sich als mögliche Koalitions­partner in Stellung gebracht.

Erster Ansprechpa­rtner wäre da wohl das Team Kärnten mit dem langjährig­en SPÖ-Funktionär Gerhard Köfer an der Spitze. Kaiser soll sich dem Vernehmen nach ursprüngli­ch für die ÖVP und gegen Köfer entschiede­n haben, weil er die Volksparte­i als stabileren Partner eingeschät­zt hat. Ein Irrtum, wie sich nun zeigt.

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