Erdogan˘ verhandelt mit Putin und Rohani
Gipfeltreffen. Das türkische Staatsoberhaupt Erdo˘gan verhandelte mit Kreml-Chef Putin und Irans Präsidenten Rohani über Syriens Zukunft. Trotz unterschiedlicher Machtinteressen eint sie ein Ziel: Der US-Einfluss soll zurückgedrängt werden.
Das türkische Staatsoberhaupt Erdogan˘ beriet mit Kreml-Chef Putin und Irans Präsidenten Rohani über Syriens Zukunft. Trotz unterschiedlicher Machtinteressen eint sie ein Ziel: Der US-Einfluss soll zurückgedrängt werden.
Der türkische Präsident, Recep Tayyip Erdogan,˘ trat am Mittwoch in Ankara als Gastgeber eines Gipfeltreffens zu Syrien auf, bei dem die USA die Rolle des Buhmanns spielten. Erdogan˘ assistierten dabei die Präsidenten Russlands und des Iran, Wladimir Putin und Hassan Rohani. Das türkisch-russisch-iranische Trio will bei der Beendigung des Bürgerkrieges in Syrien die Fäden ziehen und den Einfluss der Amerikaner so weit wie möglich zurückdrängen.
Ganz einfach wird das jedoch nicht werden: US-Präsident Donald Trump rückte am Mittwoch von seiner Ankündigung eines baldigen Rückzuges aus Syrien ab. Auch der Versuch, in Ankara die Interessenkonflikte der Syrien-Troika unter den Teppich zu kehren, gelang nicht ganz.
Während Erdogan˘ mit Putin und Rohani in Ankara zusammensaß, erklärte die US-Regierung in Washington laut Nachrichtenagentur Reuters, Trump sei damit einverstanden, die rund 2000 US-Soldaten in Syrien vorerst nicht abzuziehen. Vorige Woche hatte Trump noch erklärt, er wolle die Truppen möglichst bald nach Hause beordern. Dies hätte ein Vakuum hinterlassen, das die Türkei, Russland und der Iran gerne füllen würden. Allerdings warnten starke Kräfte innerhalb der Trump-Regierung sowie das Verteidigungsministerium vor einem überstürzten Rückzug: Der könnte dem Iran und den Jihadisten des sogenannten Islamischen Staates (IS) nützen.
Im nordsyrischen Manbij, wo US-Soldaten zusammen mit kurdischen Milizionären ins Visier türkischer Truppen geraten sind, wurden laut Medienberichten in den ver- gangenen Tagen die Verteidigungsstellungen ausgebaut. Nun konnte das Pentagon den Präsidenten offenbar überzeugen, den Rückzug aus Syrien aufzuschieben. Trump sei aber weiter gegen eine langfristige Stationierung, hieß es in Washington. Eine solche dauerhafte Präsenz hatte der inzwischen entlassene Außenminister Rex Tillerson erst im Jänner angekündigt.
Die US-Politik bleibt weiter unklar: Trump forderte vom Verbündeten Saudiarabien, Riad müsse für einen weiteren Verbleib der US-Truppen in Syrien Geld zahlen. Laut Reuters verlangt Trump ein größeres Engagement anderer Länder und der UNO in Syrien. Wie das funktionieren soll, und welche Länder das sein sollen, ist offen. Den Gipfelteilnehmern in Ankara käme ein amerikanischer Abzug jedenfalls sehr gelegen.
Erdogan˘ erneuerte seine Kritik an der USUnterstützung für die syrischen Kurden. Der iranische Präsident Rohani warf Washington sogar vor, die Extremisten des IS als „Werkzeug“gegen die Länder der Region einge- setzt zu haben. Doch dieser Versuch sei gescheitert.
Das Gipfel-Trio rief bei dem Treffen in Ankara zu einer Waffenruhe in Syrien auf und bekräftigte seine Entschlossenheit, die Rückkehr von Flüchtlingen in befriedete Gebiete zu ermöglichen. Erdogan˘ kündigte ein gemeinsames türkisch-russisches Projekt zur Versorgung der Opfer der jüngsten Offensive der syrischen Regierung in Ostghouta an. Putin betonte das Ziel, ein Auseinanderbrechen Syriens zu verhindern und einen politischen Prozess für eine Nachkriegsordnung in Gang zu setzen.
Doch in Ankara wurden auch die Differenzen zwischen den Gipfelteilnehmern deutlich, die im syrischen Krieg eigentlich auf verfeindeten Seiten stehen: Während Russland und der Iran den syrischen Präsidenten, Bashar al-Assad, unterstützen, hilft die Türkei verschiedenen Rebellengruppen, die Assads Sturz anstreben. Zudem widerspricht die türkische Militärintervention gegen die Kurden in Nordsyrien dem von Putin gewünschten Ziel eines Dialoges zwischen den syrischen Bevölkerungsgruppen. Ankara betont, es handle sich um eine Aktion der Terrorbekämpfung.
Dennoch forderte Rohani laut eines Berichts des iranischen Fernsehens, die Türkei solle die Kontrolle über die im März eroberte nordsyrische Region Afrin an die syrische Regierung übergeben. Erdogan˘ hat jedoch nicht die Absicht, dem Appell zu folgen. Laut Medienberichten will die Türkei in der Gegend eine lokale Verwaltung einrichten, die den Zielen Ankaras folgt. Beim AnkaraGipfel bekräftigte Erdogan˘ zudem seine Entschlossenheit, im Norden Syriens weiter gegen kurdische Autonomiebestrebungen vorzugehen.