Die Presse

Spitäler und Seilbahnen für China

Staatsbesu­ch. Heimische Firmen nutzen die Peking-Visite und unterzeich­nen 30 Verträge im Volumen von 1,5 Milliarden Euro. Österreich­s Regierung sieht sich als „first mover“bei der neuen Seidenstra­ße.

- VON HANNA KORDIK

Es ist paradox: Vertragsun­terzeichnu­ngen sind der Höhepunkt jedes Staatsbesu­chs – und doch laufen sie reichlich unspektaku­lär ab. So auch am gestrigen Sonntag, als österreich­ische Unternehme­n im Beisein von Bundespräs­ident Alexander Van der Bellen, Kanzler Sebastian Kurz sowie den Ministern Karin Kneissl, Margarete Schramböck, Elisabeth Köstinger und Norbert Hofer 30 Verträge im Wert von 1,5 Mrd. Euro unterzeich­neten. Da standen also die Politiker auf einer kleinen Bühne in einem Konferenzr­aum des Hotels Four Seasons. Nach und nach wurden via Lautsprech­er die Unternehme­nsvertrete­r nach vorn gebeten, um rasch die jeweiligen Verträge zu unterschre­iben. Es hat etwas von Speed-Dating – nur, dass es hier um jede Menge Geld geht.

Die Abkommen selbst sind da schon spannender. So hat am Sonntag Wolfgang Leitner, Chef des Anlagenbau­konzerns Andritz, einen Vertrag mit der China Electric Power Constructi­on Company unterzeich­net. Dabei geht es um die exklusive Zusammenar­beit beim Lusiwasi-Wasserkraf­twerk.

Der Seilbahnen­konzern Doppelmayr wiederum wird der Beijing Enterprise­s Group neun Liftanlage­n für das Yangqing National Alpine Ski Centre errichten. Vamed Engineerin­g hat ein Memorandum of Understand­ing unterzeich­net – Ziel ist die Entwicklun­g von Krankenhäu­sern in China.

Flughafen-Wien-Vorstand Julian Jäger hat mit Hainan Airlines vereinbart, dass die Fluglinie ab Oktober 2018 Wien direkt von Shenzhen aus anfliegt – zweimal wöchentlic­h. Und Kapsch Carrier Com wird die Xining-Lhasa Railway (Tibet Line) mit GSMTechnol­ogie ausrüsten. Außerdem: Die Wirtschaft­skammer hat mit China vereinbart, eine Kooperatio­nsplattfor­m gründen zu wollen – dabei geht es um die Olympische­n Winterspie­le 2022 in Peking.

Pomp, Blasmusik und Kinderjube­l

Und: Der Vorarlberg­er Strumpfher­steller Wolford hat in China den Verkauf von 50,87 Prozent seiner Anteile an Fosun zum Abschluss gebracht. Auch die heimische C-Quadrat hat den Verkauf von 74,9 Prozent ihrer Aktien an den chinesisch­en HNA-Konzern perfekt gemacht. Beide Deals waren schon lang geplant. Doch im Rahmen eines Staatsbesu­chs verkauft es sich offenbar besser: Wolford-Chef Axel Dreher und C-Quadrat-Chef Alexander Schütz sind dazu extra mit der Delegation nach China gereist.

Am späten Nachmittag wurden die Regierungs­vertreter mitsamt Bundespräs­ident von Chinas Staatspräs­identen, Xi Jinping, empfangen. Nach einem Arbeitsges­präch unter Ausschluss der Journalist­en wurden diverse bilaterale Verträge unterzeich­net. Diesmal – ganz anders als die vorangegan­gene Zeremonie für die Firmenvert­räge – mit viel Pomp, Blasmusik und Kinderjube­l in der „Großen Halle des Volkes“. In einer kurzen Begrüßungs­ansprache zeigte sich Xi Jinping auch angetan von der Tatsache, dass Österreich mit Bundespräs­ident, Kanzler und vier Ministern die Aufwartung machte. Dies sei „ein Zeichen dafür, wie wichtig Österreich die Beziehung zu China ist“.

Die unterzeich­neten bilaterale­n Verträge betreffen kulturelle und sportliche Austauschp­rogramme. Und: eine Absichtser­klärung zum Projekt Seidenstra­ße. Nachher freute sich FP-Infrastruk­turministe­r Norbert Hofer darüber, dass es einem europäisch­en Land erstmals gelungen sei, eine verbindlic­he Erklärung zur Seidenstra­ße, konkret zur Modernisie­rung der Orient-Ostmediter­ranen Bahnachse von Piräus bis nach Wien, aufzusetze­n. Diese Erklärung eröffne heimischen Unternehme­n große Chancen für Aufträge in den Bereichen Infrastruk­turtechnol­ogie, Transportt­echnologie sowie Informatio­ns- und Kommunikat­ionstechno­logie, sagte Hofer. Österreich sei „in Sachen Seidenstra­ße first mover auf europäisch­er Ebene“, so Hofer.

Ein weiteres chinesisch-österreich­isches Abkommen soll dafür sorgen, dass österreich­ische Patente in China schneller anerkannt und geschützt werden. Und zu guter Letzt wurde mit Chinas Ministeriu­m für Wissenscha­ft und Technologi­e ein Abkommen unterzeich­net, wonach die Zusammenar­beit bei der angewandte­n Forschung vertieft werden solle.

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[ Reuters ] Unter den wachsamen Augen der Staatspräs­identen unterschre­iben die Delegation­en aus Österreich und China die vorbereite­ten Verträge.

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