Die Turbulenzen sind zurückgekehrt
Quartalsrückblick. Das Jahr hat unerfreulich begonnen. Die meisten Aktien brachten den Anlegern Verluste, auch mit Gold war nichts zu holen, Bitcoin stürzte ab. Es herrscht wieder Normalität und dazu gehören Turbulenzen.
Das erste Quartal ist traditionell ein gutes für die Börsen. Gefährlich wird es erst zur Jahresmitte hin, was ja auch das Sprichwort „Sell in May and go away“(„Verkaufe im Mai und halte dich von den Börsen fern“) nahelegt. Heuer war das anders. Bereits im ersten Quartal wurde den Anlegern schmerzlich bewusst, dass es an den Börsen auch nach unten gehen kann.
Die Aktienmärkte haben die im Jänner erzielten Gewinne fast vollständig wieder abgegeben, nahezu alle wichtigen Indizes beendeten die ersten drei Monate im Minus. Wer alternativ auf Gold oder Bitcoin gesetzt hat, hat auch keine rechte Freude. Gold kann seit Jahren nicht aus seinem Seitwärtskanal (auf Eurobasis) ausbrechen, und Bitcoin rasselte in den ersten drei Monaten fast ebenso spektakulär nach unten, wie es im Schlussquartal des Vorjahres in die Höhe geschnellt war.
Wer Statistik mag, kann einen Negativrekord vermerken: Am 4. Februar dieses Jahres erzielte der Dow Jones den höchsten Tagesverlust seiner Geschichte – zumindest in Punkten, wenn auch nicht prozentuell.
Warum ist die Anlegerparty so abrupt zu Ende gegangen? Als ein Grund wird oft die Angst vor der Zinswende in den USA angeführt. Statt drei erwarteter Zinserhöhungen standen bzw. stehen vier im Raum. Und höhere Zinsen sind schlecht für den Aktienmarkt, weil sie andere Anlageformen relativ attraktiver dastehen lassen. Abgesehen davon verteuern sich dann auch Kredite für Unternehmen. Das allein erklärt aber nicht die Rückkehr der Turbulenzen an den Börsen, schließlich kommt die Zinswende in den USA nicht uner- wartet. Das Hauptproblem im ersten Quartal war, dass viele Anleger nach mehreren Gewinnmonaten in Folge bereits vergessen hatten, dass es an den Börsen nicht immer nur nach oben gehen kann. Den letzten richtigen Kurssturz hatten sie Anfang 2016 gesehen, als die Angst vor einer Chinaflaute hochgekocht war.
Handelsstreit eskaliert
Vor diesem Hintergrund schlug sich die Wiener Börse wacker. Im ersten Quartal reichte es immerhin für ein mageres Plus von 0,25 Prozent. Im Vorjahr zählte der ATX noch zu den Leitindizes mit einer der besten Entwicklungen weltweit. Einzelne Titel wie der Luftfahrtzulieferer FACC oder der Verbund stachen auch diesmal mit Kursanstiegen von 28 Prozent bzw. 17 Prozent hervor. Die Situation in Deutschland war da weit schlechter. Dort belief sich das Quartalsminus auf sechs Prozent.
Zwar gab es einzelne Gewinner wie RWE und Adidas (je plus 18 Prozent), dafür ging es etwa mit der Deutschen Bank um 29 Prozent nach unten. In den USA sah die Lage ähnlich trist aus, vor allem für Anleger aus der Eurozone, die auch noch Währungsverluste bei ihren US-Aktien hinnehmen mussten, da der Dollar schon wieder verloren hat. Die leidgeprüften Aktionäre von General Electric büßten abermals 24 Prozent ein.
Auch der Handelsstreit zwischen den USA und China sorgt für schlechte Stimmung an den Märkten – vor allem aber für Unsicherheit. „Die Annahme war, dass China nicht so aggressiv antworten und eine Eskalation der Spannungen vermeiden würde“, sagt Julian EvansPritchard vom Forschungsinstitut Capital Economics in London. Das schien zwischenzeitlich dann doch nicht der Fall zu sein: China kündigte an, zahlreiche US-Produkte mit Zöllen zu belegen. Zwar handelt es sich bei den Maßnahmen vorerst nur um Ankündigungen. „Jedwede Eskalation in Richtung eines Handelskrieges könnte die Stimmung trüben und verändern“, schreibt Richard Turnill, globaler Chef-Anlagestratege bei Blackrock, in einem Marktkommentar. Den US-Protektionismus sieht er als das größte Risiko für die Finanzmärkte.
Doch auch höhere öffentliche Ausgaben in den USA seien ein Problem. Denn die US-Wirtschaft läuft auf Hochtouren. In diesem Jahr soll das Wirtschaftswachstum bei 2,7 Prozent liegen. Blackrock warnt daher vor der Gefahr einer Überhitzung. Dennoch sind für Turnill Aktien attraktiv: „Aktien können sich weiterhin gut entwickeln, solange die Renditen allmählich steigen und von verbessertem Wachstum getrieben sind.“
Aktien bleiben attraktiv
Die Experten der Schoellerbank sind jedenfalls der Ansicht, dass Anleger in Zukunft mit Preisschwankungen leben werden müssen. Gröbere Ausschläge hatte es in der jüngeren Vergangenheit nämlich kaum gegeben. Das Motto der Experten lautet deshalb: Die Qualität macht’s. Ist eine Aktie gut, so werde man selbst dann positiv bilanzieren, wenn der Einstiegszeitpunkt ungünstig war. Kurzfristig sei das Ergebnis im Anlagebereich dagegen „vor allem durch den Zufall bestimmt“. Chancen ortet man derzeit vor allem in defensiven Sektoren wie Gesundheit oder Basiskonsum, wo Titel mit Abschlägen gehandelt würden. Generell steht die Schoellerbank Aktien aber neutral gegenüber. Bereits vor einem Jahr hat sie ihre Aktieneinschätzung von „Kau- fen“auf „Neutral“gesenkt. Sollte es zu Kursrückgängen kommen, sei man nicht abgeneigt, zuzukaufen. Allerdings nur dann, wenn die Aktien unter ihrem fairen Wert gehandelt würden.
Risiko bei Anleihen
Die generellen Entwicklungen der letzten Zeit hätten jedoch dazu geführt, dass sich Anleger aus Risikoanlagen wie Aktien zurückgezogen und Sicherheit in Anleihen und Gold gesucht hätten, schreibt Tine Choi, Chefstrategin der Danske Invest, in einer Analyse. Auf der Anleihenseite hat sich in den vergangenen Monaten jedenfalls viel getan. Dümpelten die Bonds-Renditen jahrelang nur so dahin, sieht man inzwischen wieder neue Höchststände. Fünfjährige US-Staatsanleihen werfen mit 2,6 Prozent mehr ab als in den vergangenen acht Jahren, so die Schoellerbank. Das hat mit der Zinsentwicklung zu tun. Die Europäische Zentralbank hat Zinserhöhungen noch vor sich, dementsprechend bewegen sich auch die Renditeniveaus der europäischen – und da vor allem der deutschen – Bonds auf weiterhin niedrigem Niveau. Doch genau hier liegt das Problem. Denn das sogenannte Zinsänderungsrisiko – steigen die Zinsen, fallen die Kurse bestehender Anleihen, da es dann neue Anleihen mit höheren Zinsen gibt – sollte man im Auge behalten. Die Schoellerbank setzt deshalb auf kürzere Laufzeiten, bei denen das Zinsänderungsrisiko weniger schwer wiegt. Auch bei Blackrock steht man auf der Bremse und sieht Schuldverschreibungen – mit Ausnahme kurzlaufender US-Papiere – eher negativ.