Kleine Kinder retteten Wohnung für ganze Familie
Mietrecht. Ein zwei- und ein vierjähriges Kind waren entscheidend, dass die Familie die Wohnung der verstorbenen Oma übernehmen darf.
Stirbt ein Mieter, haben nahe Verwandte ein Recht, in den Mietvertrag einzutreten, wenn sie auch in der Wohnung gelebt haben. Bedingung dafür ist, dass bei ihnen ein dringendes Wohnbedürfnis besteht. Doch nur nahe Verwandte haben so ein Eintrittsrecht. Das führte nun in einem Fall dazu, dass geprüft werden musste, ob das Mietrecht einer verstorbenen Großmutter an eine zweijährige und eine vierjährige Enkelin weitergeben werden durfte.
In einen Mietvertrag eintreten dürfen der Ehepartner, der Lebensgefährte, Verwandte in gerader Linie und Geschwister des bisherigen Mieters. Der Sohn der verstorbenen Mieterin lebte aber aus beruflichen Gründen in Deutschland. Doch lebte in der Wiener Wohnung der verstorbenen Frau die Freundin und spätere Frau des Sohnes. Aber sie hat kein Eintrittsrecht. Die Frau hatte jedoch ihre zwei kleinen Kinder bei sich. Diese waren die Kinder des Sohnes der Mieterin und damit als Enkel grundsätzlich in den Mietvertrag eintrittsberechtigt.
Die Vermieterin, eine Aktiengesellschaft, wandte aber ein, dass die Kinder kein dringendes Wohnbedürfnis und damit kein Eintrittsrecht in den Vertrag haben. Die Vermieterin kündigte die Wohnung auf. In der aufgekündigten Wohnung kam die Familie wieder zusammen, weil der Vater der Kinder nun nach Wien zurückzog. Die Frage, ob die Familie in der Wohnung weiter bleiben darf, galt es aber jetzt vor Gericht zu klären.
Das Bezirksgericht Innere Stadt befand, dass die Kinder in den Mietvertrag eintreten dürften, und hob die Kündigung auf. Die Minderjährigen hätten ein dringendes Wohnbedürfnis, weil ihre Eltern über keine andere Wohnmöglichkeit verfügten.
Das Wiener Landesgericht für Zivilrechtssachen bestätigte die Entscheidung. Zwar sei bei einem zwei- und einem vierjährigen Kind ein über den familienrechtlichen Unterhaltsanspruch hinausgehender dringender Wohnbedarf nicht zu erkennen. Aber das Eintrittsrecht ihres Vaters, der inzwischen auch in der Wohnung lebt, sei zu bejahen. Auch wenn dessen Eintrittsrecht im Prozess gar nicht geltend gemacht wurde.
Der Oberste Gerichtshof (OGH) erklärte, dass ein allenfalls bestehendes Eintrittsrecht des Vaters kein Thema im Verfahren sei. Man müsse daher prüfen, ob den Enkelinnen ein Eintrittsrecht zukommt. Nun sei es so, dass die Familie keine andere Wohnmöglichkeit habe. Der Vater habe eine neue Wohnung gesucht, aber keine geeignete gefunden. „Ein besonderer Grund, der für die Notwendigkeit eigener Mietrechte eines Minderjährigen spricht, kann auch darin gelegen sein, dass ein allenfalls bestehender familienrechtlicher Wohnungsanspruch nicht durchsetzbar ist“, erklärte der OGH (4 Ob 16/18h). Die Kinder und damit die Familie dürfen in der Wohnung bleiben. (aich)