Torgaranten und Titelhamster: Münchens unstillbarer Erfolgshunger
Fußball. Der Gewinn der 28. Meisterschaft könnte für Bayern München Anfang einer zweiten Triple-Saison gewesen sein. David Alaba feiert seinen 18. Titel mit dem FCB.
Geht es um den Weltfußball, führt an den Deutschen zumeist kein Tor vorbei. In Europa und diversen Cupbewerben gibt es noch viele, oft bessere Gegner. Konzentriert sich das Interesse aber allein auf das Land des aktuellen Fußballweltmeisters, bleibt an der Spitze eigentlich immer nur ein Klub übrig: der FC Bayern München.
Jetzt feiert der Klub, gelenkt von unermüdlichen Funktionärsgrößen wie Uli Hoeneß und KarlHeinz Rummenigge sowie betreut von Trainerikone Jupp Heynckes, seinen 28. Meistertitel. Die Auszeichnung Rekordmeister ist um eine Errungenschaft gewachsen, nach dem 4:1 in Augsburg ist fünf Runden vor Schluss die Liga zum sechsten Mal in Folge gewonnen.
Feierlichkeiten – bis auf das eine oder andere Glas Champagner oder Rotwein – hat Heynckes aber vorerst untersagt. Der 72-Jährige ist der älteste Meister-Trainer der Bundesliga-Geschichte, er war es auch schon im Alter von 68 Jahren, hat noch Großes vor. Er will noch im Cup (Halbfinale am 17. April in Leverkusen) und in der Champions League (Mittwoch Rückspiel im Viertelfinale gegen FC Sevilla, Hinspiel 2:1) triumphieren. Es wäre wie ein Märchen, würde er sich mit dem zweiten Triple nach 2013 in den Ruhestand verabschieden.
Wie der FC Bayern hat noch nie eine andere Mannschaft in Deutschland regiert. Es gab immer wieder Anwärter, die sich anschickten, eine Wachablöse durchzuziehen, doch allein seit dem Jahr 2000 gelang es nur Dort- mund (dreimal), Bremen (einmal), Stuttgart (einmal) und Wolfsburg (einmal), diese Phalanx zu unterbrechen. Dementsprechend sind auch alle Bayern-Spieler tatsächliche „Titelhamster“: Für Arjen Robben, Thomas Müller und den erst 25-jährigen David Alaba war es bereits der siebente. Franck Ribery´ zog durch Championat Nummer acht mit Oliver Kahn, Mehmet Scholl, Philipp Lahm und Bastian Schweinsteiger gleich – das ist Rekord, und alle errangen ihre Meisterehren mit den Bayern. Die Begriffe Loyalität und Treue hatten bei diesem Klub schon immer Gewicht.
Alaba, neuerdings Penthouse-Besitzer (Kaufpreis: 3,5 Mio. €) in Tirol, liegt damit im Spitzenfeld der Allzeit-Bestenliste. Der Wiener ist Stammspieler, Leistungsträger, und obwohl ihn weiterhin Rückenprobleme plagen, war er am Samstag auch in Augsburg auf der Tribüne dabei. Seit Sommer 2008, einem Jahrzehnt, spielt er in München, seitdem ist seine Titelsammlung auf 18 Stück angewachsen. Der ÖFB-Legionär hat damit eigentlich alles gewonnen, was der moderne Profifußball (siehe Profil) zu bieten hat.
Nur die Europa League fehlt noch in dieser Sammlung – aber ein zweites Triple wäre auch genau nach seinem Geschmack. Womöglich auch, weil es den kolportierten Abschied erleichtern könnte – in Richtung Spanien.
Ob der siebente Titel aber noch genauso emotional wirkt wie die Premiere, wenn man erstmals diese Schale in Händen hält und gefeiert wird? Kennen Profifußballer solche Abnützungserscheinungen, wie gehen sie, sich selbst motivierend, mit diesen immer wiederkehrenden Eindrücken um? „Meine erste Meisterschaft war schon emotionaler, aber dieses ganze Emotionale heben wir uns ja vielleicht dieses Jahr noch auf“, sagt Thomas Müller und sprach von diesem „Hunger“, den man bei FCB eben lieben und lernen muss. Es ist nie genug, die Maxime des Maximalismus zu diktieren – verlieren müssen die anderen.
Es ist nicht nur das Triple, das als Anreiz bleibt. In dieser Saison jagen sie noch den Rekordwert von 25 Punkten Vorsprung aus der Spielzeit 2012/13. Also feierten sie nur in der Kabine, es gab Polonaise mit Pappbechern und Champagner aus Plastikgläsern. Man muss den FC Bayern nicht mögen, kein Fan sein. Letzten Endes zählen aber immer nur Tore und Siege – in dieser Kategorie ist der Klub fast unschlagbar. (fin)