Jedermanns Rocktheater, mit Luftgitarre
Philipp Hochmair war mit seiner arg outrierten Version von Hofmannthals Drama im Wiener Burgtheater.
Wie segensreich die Rolle ist, die Regisseure heute im Theater spielen, darüber kann man – Stichwort: RegietheaterBashing – unterschiedlicher Meinung sein. Für eines sind sie ganz sicher notwendig und gut: um Schauspielern, die glauben, dass sie verkannte GlamourRockstars sind, mehr oder weniger diplomatisch zu sagen, dass sie das nicht sind und auch nicht sein sollen.
Das Programm „Jedermann (reloaded)“, das Philipp Hochmair, bis 2009 Ensemblemitglied im Burgtheater, nun nach vielen anderen Stationen dort aufgeführt hat, kommt ganz offensichtlich ohne Regisseur aus: Hochmair kann sich ungehindert „wie ein Rockstar die Geschichte vom Leben und Sterben des reichen Mannes erkämpfen“. So steht es auf dem Programmzettel, auf dem auch von einer „ungeahnten Ekstase“die Rede ist, in die die Musik den Schauspieler katapultiere.
Nun, als gar so ungeahnt stellt sich die Ekstase dann nicht heraus, man hat ja etwa Ben Becker das Rockviech geben sehen. Viel subtiler geht Hochmair die Sache nicht an: Er deklamiert und/oder brüllt Hugo von Hofmannsthals Text ohne Rücksicht auf Verluste, wobei er alle Rollen (mit Ausnahme der Buhlschaft, die Patricia Aulitzky im Prolo-Disco-Outfit gibt) selbst spricht – und auch spielt, wobei sich die Darstellung meist darauf beschränkt, dass er sich, wenn er eine Frau spielt, das Hemd wie ein Kopftuch über den Kopf zieht.
Sonst zieht er es bald aus, das Hemd, während er die vielen Kreuze, die um seinen Hals baumeln, nicht ablegt. Dazu schüttet er sich in einer der besonders exaltierten Szenen Goldflitter – Mammon! – über den Leib. Am Ende, wenn’s an die Rettung seiner Seele gehen soll, nimmt er ein mannshohes Kreuz in die Hände, mit dem er, während er „Ich glaube!“brüllt, wie mit einer Luftgitarre posiert . . . Man muss das nicht kommentieren.
Und die Musik, die diese Ekstasen treiben soll? Das Trio mit dem schönen Namen Die Elektrohand Gottes versteht sich auf meditativen Krautrock, der Steigerungen mit deutscher Gründlichkeit angeht. Keine schlechte Band. In den hurtigeren Passagen schleppt sich der Rhythmus oft – was vielleicht ein Vorteil ist, weil es die dräuende Rock-MusicalAura konterkariert. Den Abend kann das freilich auch nicht retten.