Die Presse

Klassenkam­pf-Gel

- Reaktionen an: oliver.pink@diepresse.com

I ch verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis“, sagte Christian Kern zur Plattform Addendum, „man kann die Mitarbeite­r der einzelnen Parlaments­klubs leicht erkennen: Sozis und Pilz verwenden eindeutig weniger Haargel.“Christian Kern, selbst bekannt uneitel, steht hier in bester sozialdemo­kratischer Tradition. Schon Franz Voves meinte seinerzeit: „Wo sind denn jetzt die mit kiloweise Gel im Haar, die beim Grasser nach dem neoliberal­en Weg geschrien haben?“Knapp einen Monat später rief er den Yuppie-Managern zu: „Aussi mit’m Gel aus die Hoar!“

Es war die Zeit, als Karl-Theodor zu Guttenberg als „gegelter Adelsspros­s“in den deutschen Medien glänzte. Und es über einen der Macher derselben, „Bild“-Chef Kai Diekmann, in der „SZ“hieß: „Ohne Gel würde ihn wahrschein­lich keiner erkennen.“

Diese Zeitung, die Sie gerade in Händen halten, schrieb damals: „Eine Tube Haargel gibt es bei DM ab 1,75 Euro, bei Bipa ab 1,35 Euro. Dennoch gilt Haargel heutzutage als Luxusartik­el, als Symbol für die Upperclass. So wie einst Kaviar und Champagner.“

Da hat sich wenig geändert. Heute essen ehemalige sozialdemo­kratische Kanzler mit Oligarchen Kaviar und Freiheitli­che trinken Champagner – aber das Haargel pickt immer noch. Als Distinktio­nsmerkmal im Klassenkam­pf. (oli)

Newspapers in German

Newspapers from Austria