Klassenkampf-Gel
I ch verrate Ihnen jetzt ein Geheimnis“, sagte Christian Kern zur Plattform Addendum, „man kann die Mitarbeiter der einzelnen Parlamentsklubs leicht erkennen: Sozis und Pilz verwenden eindeutig weniger Haargel.“Christian Kern, selbst bekannt uneitel, steht hier in bester sozialdemokratischer Tradition. Schon Franz Voves meinte seinerzeit: „Wo sind denn jetzt die mit kiloweise Gel im Haar, die beim Grasser nach dem neoliberalen Weg geschrien haben?“Knapp einen Monat später rief er den Yuppie-Managern zu: „Aussi mit’m Gel aus die Hoar!“
Es war die Zeit, als Karl-Theodor zu Guttenberg als „gegelter Adelsspross“in den deutschen Medien glänzte. Und es über einen der Macher derselben, „Bild“-Chef Kai Diekmann, in der „SZ“hieß: „Ohne Gel würde ihn wahrscheinlich keiner erkennen.“
Diese Zeitung, die Sie gerade in Händen halten, schrieb damals: „Eine Tube Haargel gibt es bei DM ab 1,75 Euro, bei Bipa ab 1,35 Euro. Dennoch gilt Haargel heutzutage als Luxusartikel, als Symbol für die Upperclass. So wie einst Kaviar und Champagner.“
Da hat sich wenig geändert. Heute essen ehemalige sozialdemokratische Kanzler mit Oligarchen Kaviar und Freiheitliche trinken Champagner – aber das Haargel pickt immer noch. Als Distinktionsmerkmal im Klassenkampf. (oli)