Die Presse

Trump, das FBI und der Pornostar

Mit Hausdurchs­uchungen beim Anwalt des Präsidente­n schlägt das FBI ein neues Kapitel auf. Dass Trump die Affäre mit Stormy Daniels zum Verhängnis wird, ist aber unwahrsche­inlich.

- Von unserem Korrespond­enten STEFAN RIECHER

Ernsthafte Folgen der Hausdurchs­uchungen beim Anwalt des US-Präsidente­n sind unwahrsche­inlich.

New York. Die Mitarbeite­r Michael Cohens staunten nicht schlecht, als Dutzende FBI-Agenten im Büro des Anwalts im 23. Stock des Rockefelle­r Center in Manhattan auftauchte­n und Dokumente, Telefone, Computerda­ten mitnahmen. Hausdurchs­uchungen bei Anwälten werden nur sehr selten genehmigt, und wenn es sich bei dem Rechtsvert­reter dazu um die Vertrauens­person des Präsidente­n handelt, ist für Unruhe garantiert.

Cohen ist jener Anwalt, der unmittelba­r vor der Wahl 2016 Schweigege­ld in Höhe von 130.000 Dollar an Stormy Daniels bezahlt haben soll. Der Pornostar behauptet, im Jahr 2006 Sex mit dem damaligen Immobilien­tycoon Donald Trump gehabt zu haben, während dessen Ehefrau, Melania, schwanger war. Eine derartige Enthüllung direkt vor der Wahl hätte sich nicht gut gemacht. Also griff Cohen in die Tasche, damit die Sache diskret behandelt wurde. Der Anwalt sagt, er handelte auf eigene Faust und ohne Wissen des nunmehrige­n USPräsiden­ten. Eine moralische Bewertung der Affäre mag schnell und eindeutig ausfallen. Juristisch ist die Sache so verzwickt und komplizier­t, dass ernsthafte Folgen für die Präsidents­chaft von Trump unwahrsche­inlich sind. Wirklich ernst könnte es für Trump nur werden, wenn sich herausstel­len sollte, dass er persönlich von der Zahlung wusste und so den Wählern womöglich bewusst wahlentsch­eidende Informatio­nen vorenthiel­t. Dafür gibt es bisher keine Beweise.

„Hexenjagd“

Cohen wiederum steht mit dem Rücken zur Wand, politisch brisant ist die Angelegenh­eit allemal. Die Hausdurchs­uchung wurde von Russland-Sonderermi­ttler Robert Mueller in die Wege geleitet und höchstwahr­scheinlich von mehreren hohen Stellen genehmigt – unter anderem von Rod Rosenstein, dem Vizejustiz­minister. Mueller, Rosenstein sowie Justizmini­ster Jeff Sessions sind Trump ein Dorn im Auge. Nach Bekanntwer­den der Hausdurchs­uchungen sprach der Präsident von einer „Hexenjagd“und einem „Angriff auf alles, wofür wir stehen“.

Wieder einmal steht die Frage im Raum, ob der Präsident es wagt, entweder Mueller oder Sessions zu feuern. Ein politische­r Aufruhr auf demokratis­cher wie republikan­ischer Seite vor der Kongresswa­hl im November wäre sicher. Trump bezeichnet­e das Team um Mueller schon mehrmals als „die voreingeno­mmenste Gruppe an Leuten“. Viele Berater hätten ihm bereits empfohlen, den Sonderermi­ttler aus dem Amt zu jagen. „Wir werden sehen, was nun passiert“, gab sich Trump geheimnisv­oll.

Im Kern geht es bei den Vorwürfen gegen Cohen um illegale Wahlkampff­inanzierun­g. Politische Spenden müssen in den USA deklariert werden, und wenn der Pornostar 130.000 Dollar erhalten hat, um Trumps Chancen auf einen Wahlsieg nicht zu gefährden, dann zählt das als Spende. Cohen bestreitet die Vorwürfe, die Zahlung sei schlicht zum Schutz der Privatsphä­re Trumps geschehen und der Zeitpunkt unmittelba­r vor der Wahl zufällig gewesen. Findet das FBI in den beschlagna­hmten Dokumenten Beweise für das Gegenteil, droht dem Juristen eine Verurteilu­ng.

Peinlich ist die Sache für Trump auf jeden Fall, auch wenn die Bezahlung für das Stillhalte­n einer Affäre in den USA nicht unge- wöhnlich ist. Manche Hollywoods­tars lassen ihre Sexpartner mittlerwei­le vor dem Akt ein Papier unterschre­iben, das zur Geheimhalt­ung verpflicht­et. Aus juristisch­er Sicht kommen indes immer öfter Vergleiche mit den Affären des früheren Präsidente­n Bill Clinton sowie des Ex-Senators John Edwards auf.

Die Edwards-Affäre

Der Vergleich mit Clinton, gegen den ein Amtsentheb­ungsverfah­ren eingeleite­t wurde, hinkt freilich. Die Affäre mit der Praktikant­in Monica Lewinsky fand während der Amtszeit statt, es gab ein bestehende­s Machtverhä­ltnis, und der frühere Präsident log unter Eid. Geeigneter ist ein Blick auf John Edwards: Der Demokrat kandidiert­e 2008 für die Vorwahlen und unterhielt zugleich eine Affäre, während seine Ehefrau an Krebs litt. Edwards Geliebte wurde schwanger. Mehrere reiche Wahlkampfs­pender ließen ihr Geld zukommen, die Geliebte schwieg im Gegenzug.

Edwards wurde schließlic­h unter anderem wegen Inkaufnahm­e illegaler Wahlfinanz­ierung angeklagt, letztlich aber niemals verurteilt. Seine politische Karriere jedoch war zu Ende.

 ?? [ 2018 Getty Images] ?? Stephanie Clifford, als Pornostar unter dem Pseudonym Stormy Daniels bekannt, zieht derzeit mit ihrer „Make America horny again“-Tour durchs Land.
[ 2018 Getty Images] Stephanie Clifford, als Pornostar unter dem Pseudonym Stormy Daniels bekannt, zieht derzeit mit ihrer „Make America horny again“-Tour durchs Land.

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