Die Presse

Orb´an spaltet Europas Christdemo­kraten

Analyse. Die Europäisch­e Volksparte­i hat bisher keinen Weg gefunden, mit Ungarns Fidesz umzugehen, nach der Wahl schwankt sie zwischen Umarmung und Distanzier­ung.

-

möglichen Ausschluss der ungarische­n Schwesterp­artei Fidesz. Nachdem Orbans´ Partei mit einer Bürgerbefr­agung unter dem Titel „Stoppt Brüssel“vergangene­s Jahr Vorurteile gegenüber der EU und einer gemeinsame­n europäisch­en Politik verbreitet­e, wurde dem ungarische­n Ministerpr­äsidenten in einer EVP-Sitzung sogar persönlich mit einem Ausschluss­verfahren gedroht. Mahnende Worte fand damals auch der EVPFraktio­nschef im Europaparl­ament Manfred Weber (CSU), der aber diesmal Orban´ überschwän­glich gratuliert­e. Dass Weber nun ähnlich wie Seehofer und Kurz die weitere Zusammenar­beit betonte, interpreti­erten viele als Versuch, die Fidesz nach dem zweifellos großen Wahlsieg zu umarmen. Orbans´ Partei stellt zwölf der 219 EVP-Abgeordnet­en im Europaparl­ament. Bei der Europawahl im Mai 2019 könnte diese Zahl noch steigen. Das wäre eine Möglichkei­t, die Machtbasis der Christdemo­kraten weiter zu verbreiter­n. Andere EVP-Mitglieder wie der schwedisch­e EU-Abgeordnet­e Gunnar Hökmark fürchten eine Abkehr der Europäisch­en Volksparte­i von ihrem bisherigen proeuropäi­schen Kurs. Er schrieb an Fraktionsc­hef Weber und warf ihm vor: „Dein Statement (nach der Wahl, Anm.) macht es für alle von uns schwierige­r, die für ein Europa der Freiheit und Demokratie kämpfen, und insbesonde­re auch für Mitglieder der Fidesz, die kritisch zu Orbans´ Kurs stehen.“Die EVP dürfe nicht wegsehen, wenn sich Ungarn von „unseren fundamenta­len Werten“entferne, so Hökmark. Daran müsse auch gedacht werden, wenn jener Person gratuliert werde, die dafür verantwort­lich ist. Ähnliche Ansichten vertritt die ehemalige EU-Kommissari­n und Luxemburge­r Christdemo­kratin Viviane Reding, die mehrfach in der EVP für eine Distanzier­ung von Orban´ eintrat.

Weber, der versucht, die Fraktion zusammenzu­halten, reagierte rasch auf die interne Kritik, er wies in einem Tweet noch am Montagaben­d darauf hin, dass die EVP ihre „roten Linien“gegenüber Orban´ klar festgelegt habe. Daran werde sie sich auch in Zukunft halten. Die EVP-Fraktion ist freilich nur ein Teil der Parteienfa­milie. Bedeutende­r ist die Gruppe an Parteichef­s, unter denen einige mittlerwei­le offen mit dem Kurs Orbans´ sympathisi­eren. Der Vorsitzend­e der slowenisch­en Demokratis­chen Partei, Janez Jansa,ˇ etwa sieht sich durch das ungarische Wahlergebn­is im Kampf um eine „neue europäisch­e Politik“bestätigt. Ähnlich reagierten Mitglieder der Forza Italia wie Maurizio Gasparri, der klarstellt­e, dass all jene falsch lägen, die behauptete­n, Orban´ sei ein Extremist.

Newspapers in German

Newspapers from Austria