„Ziel ist, dass ÖVP wählen kann“
Salzburg. Astrid Rössler über die „Heimat beschützen“-Plakate ihrer Grünen und die Richtungsentscheidung bei dieser Wahl.
Die Presse: Sie plakatieren gerade den Slogan „Heimat beschützen“. Fischen Sie jetzt im blauen Wählerteich? Astrid Rössler: Nein, aber wir wollen den Heimatbegriff nicht nur einer Partei überlassen, die damit auf Spaltung und Ausgrenzung setzt. Für uns steht Heimat für soziale Bindungen, Zusammenhalt, für Verwurzelung mit der Natur und der Landschaft. Das sind alles Themen, für die wir in den vergangenen Jahren in der Regierung gekämpft haben. Unser Zugang ist ein Gegenmodell zu einem ausgrenzenden Heimatbegriff. Trachtenjanker, Dirndl, ländliche Idylle: Wie bürgerlich sind die Salzburger Grünen? Es gibt ein breites Spektrum. Wir sind in den urbanen Gebieten ebenso vertreten wie am Land, wo Traditionen ganz unaufgeregt und selbstverständlich dazugehören.
Wie viel Schnittmenge gibt es da noch mit den Wiener Grünen oder den Bundesgrünen? In den Grundanliegen sind die Schnittmengen unverändert, aber es darf auch Unterschiede geben. Wenn man die Landes- und die Bundesgrünen vergleicht, dann ist der größte Unterschied, dass im Bund nie die Chance bestanden hat, in Regierungsverantwortung zu sein. Regierung und Opposition sind mit anderen Verantwortlichkeiten verbunden.
Man muss als Regierungspartei Kompromisse schließen? Ein Regierungsübereinkommen ist kein zu 100 Prozent grünes Arbeitsprogramm. Ich wehre mich aber gegen das Abwerten von Kompromissen. Ein Kompromiss bietet die Chance, gemeinsam die beste Lösung zu finden. Er ist nie automatisch eine schlechte Entscheidung. Einer unserer Kompromisse war, dass Salzburg die Mindestsicherung nicht gekürzt hat.
Aufdecken, Transparenz und Kontrolle waren im grünen Wahlkampf 2013 die Themen. Jetzt fehlen sie. Hat Salzburg das nicht mehr nötig? Kontrolle und Sorgfalt im Umgang mit öffentlichen Geldern sind ein Stück Routine geworden. Die Landesverwaltung ist strukturell neu aufgestellt worden.
Ein Finanzskandal wäre heute in Salzburg nicht mehr möglich? Solche Vorgänge wären nicht mehr möglich.
Was war in den vergangenen fünf Jahren Ihr schönster Moment? Der Beschluss der Raumordnungsnovelle. Da ist viel auf den Weg gebracht worden. Die bisherige Zersiedelung kann man nicht rückgängig machen. Aber man spürt, dass sich die Widmungspraxis verändert.
Und der schwärzeste Moment? Der positive Bescheid zur 380-kVLeitung. Wir konnten keine Teilverkabelung vorschreiben. Ich bin wie alle anderen auch an die Gesetze gebunden.
Sie wollen nach der Wahl mit der ÖVP weiterregieren. Was haben Sie anzubieten? Eine engagierte Zusammenarbeit bei der Fortführung unseres gemeinsamen Arbeitsprogramms. Wir sind ein verlässlicher, paktfähiger, aber nicht bequemer Partner. Wir sind ein Gegenmodell zu einer Bundesregierung, in der es eine klare Schlagseite zulasten vieler Errungenschaften bei Umweltund Tierschutz, Anrainerschutz oder im Sozialbereich gibt. Die Bundesregierung macht gravierende Veränderungen, die meiner grünen Seele wehtun.
Sie warnen vor Schwarz-Blau. Was wäre so schlimm daran? Die Unterschiede im Umwelt- und Sozialbereich sind riesengroß. In Oberösterreich sehen wir, was passiert: Ein über lange Jahre aufgebautes Vorzeigeland bei erneuerbaren Energien fällt zurück. Auch in Salzburg würde die grüne Handschrift schnell verloren gehen.
Ihr Wahlziel? Ein Ergebnis, damit sich rechnerisch eine Fortsetzung unserer Regierungsbeteiligung mit der ÖVP ausgeht. Mein Ziel ist, dass die ÖVP wählen kann. Auf Prozentzahlen lege ich mich nicht fest.
Sie haben den Salzburgern Tempo 80 auf einem Abschnitt der Westautobahn verordnet. Im Wahlkampf sind Sie auf einem Plakat auf einem alten Traktor zu sehen – nicht gerade ein Musterbeispiel für saubere Abgaswerte. Wie geht das zusammen? Tempo 80 war eine wichtige Gesundheitsmaßnahme zum Schutz der Menschen, die an der Autobahn leben. Sie hat zu Verbesserungen geführt. Die Reduktion entspricht einer dreiwöchigen Sperre der Autobahn. Eine Wahlkampagne hat eine andere Bildsprache – der Traktor ist ein Blickfang, um auf das zum Teil nervende Verkehrsaufkommen und den Stau aufmerksam zu machen. Wie kann man das Verkehrsproblem lösen? Wir haben ein Mobilitätskonzept, das auf dichtere Fahrpläne, ein günstiges Jahresticket, eine bessere Infrastruktur bei Radwegen, Park & Ride-Plätze und auf die Stadtregionalbahn setzt.
Die wichtigsten Projekte, die Sie, wenn möglich, in der nächsten Periode umsetzen wollen? Die Absicherung der Raumordnungsnovelle. Die Fortführung der Renaturierung der Salzachauen. Und die Umsetzung eines Mobilitätskonzepts.
Es gibt das Gerücht, dass Sie, wenn es mit der Regierung in Salzburg nichts wird, Chefin der Bundes-Grünen werden könnten? Das höre ich zum ersten Mal. Das sind keine Überlegungen.