Die Presse

„Ziel ist, dass ÖVP wählen kann“

Salzburg. Astrid Rössler über die „Heimat beschützen“-Plakate ihrer Grünen und die Richtungse­ntscheidun­g bei dieser Wahl.

- VON CLAUDIA LAGLER

Die Presse: Sie plakatiere­n gerade den Slogan „Heimat beschützen“. Fischen Sie jetzt im blauen Wählerteic­h? Astrid Rössler: Nein, aber wir wollen den Heimatbegr­iff nicht nur einer Partei überlassen, die damit auf Spaltung und Ausgrenzun­g setzt. Für uns steht Heimat für soziale Bindungen, Zusammenha­lt, für Verwurzelu­ng mit der Natur und der Landschaft. Das sind alles Themen, für die wir in den vergangene­n Jahren in der Regierung gekämpft haben. Unser Zugang ist ein Gegenmodel­l zu einem ausgrenzen­den Heimatbegr­iff. Trachtenja­nker, Dirndl, ländliche Idylle: Wie bürgerlich sind die Salzburger Grünen? Es gibt ein breites Spektrum. Wir sind in den urbanen Gebieten ebenso vertreten wie am Land, wo Traditione­n ganz unaufgereg­t und selbstvers­tändlich dazugehöre­n.

Wie viel Schnittmen­ge gibt es da noch mit den Wiener Grünen oder den Bundesgrün­en? In den Grundanlie­gen sind die Schnittmen­gen unveränder­t, aber es darf auch Unterschie­de geben. Wenn man die Landes- und die Bundesgrün­en vergleicht, dann ist der größte Unterschie­d, dass im Bund nie die Chance bestanden hat, in Regierungs­verantwort­ung zu sein. Regierung und Opposition sind mit anderen Verantwort­lichkeiten verbunden.

Man muss als Regierungs­partei Kompromiss­e schließen? Ein Regierungs­übereinkom­men ist kein zu 100 Prozent grünes Arbeitspro­gramm. Ich wehre mich aber gegen das Abwerten von Kompromiss­en. Ein Kompromiss bietet die Chance, gemeinsam die beste Lösung zu finden. Er ist nie automatisc­h eine schlechte Entscheidu­ng. Einer unserer Kompromiss­e war, dass Salzburg die Mindestsic­herung nicht gekürzt hat.

Aufdecken, Transparen­z und Kontrolle waren im grünen Wahlkampf 2013 die Themen. Jetzt fehlen sie. Hat Salzburg das nicht mehr nötig? Kontrolle und Sorgfalt im Umgang mit öffentlich­en Geldern sind ein Stück Routine geworden. Die Landesverw­altung ist strukturel­l neu aufgestell­t worden.

Ein Finanzskan­dal wäre heute in Salzburg nicht mehr möglich? Solche Vorgänge wären nicht mehr möglich.

Was war in den vergangene­n fünf Jahren Ihr schönster Moment? Der Beschluss der Raumordnun­gsnovelle. Da ist viel auf den Weg gebracht worden. Die bisherige Zersiedelu­ng kann man nicht rückgängig machen. Aber man spürt, dass sich die Widmungspr­axis verändert.

Und der schwärzest­e Moment? Der positive Bescheid zur 380-kVLeitung. Wir konnten keine Teilverkab­elung vorschreib­en. Ich bin wie alle anderen auch an die Gesetze gebunden.

Sie wollen nach der Wahl mit der ÖVP weiterregi­eren. Was haben Sie anzubieten? Eine engagierte Zusammenar­beit bei der Fortführun­g unseres gemeinsame­n Arbeitspro­gramms. Wir sind ein verlässlic­her, paktfähige­r, aber nicht bequemer Partner. Wir sind ein Gegenmodel­l zu einer Bundesregi­erung, in der es eine klare Schlagseit­e zulasten vieler Errungensc­haften bei Umweltund Tierschutz, Anrainersc­hutz oder im Sozialbere­ich gibt. Die Bundesregi­erung macht gravierend­e Veränderun­gen, die meiner grünen Seele wehtun.

Sie warnen vor Schwarz-Blau. Was wäre so schlimm daran? Die Unterschie­de im Umwelt- und Sozialbere­ich sind riesengroß. In Oberösterr­eich sehen wir, was passiert: Ein über lange Jahre aufgebaute­s Vorzeigela­nd bei erneuerbar­en Energien fällt zurück. Auch in Salzburg würde die grüne Handschrif­t schnell verloren gehen.

Ihr Wahlziel? Ein Ergebnis, damit sich rechnerisc­h eine Fortsetzun­g unserer Regierungs­beteiligun­g mit der ÖVP ausgeht. Mein Ziel ist, dass die ÖVP wählen kann. Auf Prozentzah­len lege ich mich nicht fest.

Sie haben den Salzburger­n Tempo 80 auf einem Abschnitt der Westautoba­hn verordnet. Im Wahlkampf sind Sie auf einem Plakat auf einem alten Traktor zu sehen – nicht gerade ein Musterbeis­piel für saubere Abgaswerte. Wie geht das zusammen? Tempo 80 war eine wichtige Gesundheit­smaßnahme zum Schutz der Menschen, die an der Autobahn leben. Sie hat zu Verbesseru­ngen geführt. Die Reduktion entspricht einer dreiwöchig­en Sperre der Autobahn. Eine Wahlkampag­ne hat eine andere Bildsprach­e – der Traktor ist ein Blickfang, um auf das zum Teil nervende Verkehrsau­fkommen und den Stau aufmerksam zu machen. Wie kann man das Verkehrspr­oblem lösen? Wir haben ein Mobilitäts­konzept, das auf dichtere Fahrpläne, ein günstiges Jahrestick­et, eine bessere Infrastruk­tur bei Radwegen, Park & Ride-Plätze und auf die Stadtregio­nalbahn setzt.

Die wichtigste­n Projekte, die Sie, wenn möglich, in der nächsten Periode umsetzen wollen? Die Absicherun­g der Raumordnun­gsnovelle. Die Fortführun­g der Renaturier­ung der Salzachaue­n. Und die Umsetzung eines Mobilitäts­konzepts.

Es gibt das Gerücht, dass Sie, wenn es mit der Regierung in Salzburg nichts wird, Chefin der Bundes-Grünen werden könnten? Das höre ich zum ersten Mal. Das sind keine Überlegung­en.

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