Was vom Sozialsystem übrig bleibt
Regierungspläne. Aus neun Gebietskrankenkassen wird eine, aus SVA und SVB eine Selbstständigenkasse – und die Beamten dürften nicht in die neue Pensionsversicherung kommen.
Ein Österreicher, eine Versicherung – ein Ding der Unmöglichkeit. Tatsächlich beherbergt die Republik 21 Träger für Pensions-, Unfall und Krankenversicherungen. Für alle drei Sparten sind aber nur die Sozialversicherungsanstalt der Bauern (SVB) und die Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau (VAEB) zuständig. Die Sozialversicherungsanstalt der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) deckt die Pensions- und Krankenvorsorge ab, die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter (BVA) die Kranken- und Unfallversicherung. Zudem existieren neun Gebietsund fünf Betriebskrankenkassen, die Allgemeine Unfallversicherungsanstalt (AUVA) und die Pensionsversicherungsanstalt (PVA). Als Spezialfall haben die Notare noch eine eigene Pensionsversicherung. Es ist nicht leicht, hier den Überblick zu behalten.
Damit soll Schluss sein, geht es nach der Regierung. Bis Mai soll ein Reformfahrplan vorliegen, der derzeit verhandelt wird, heißt es aus dem Gesundheitsministerium. Bisher bekannt: Aus den 21 sollen maximal fünf Träger werden – die Österreichische Krankenkasse, in der die neun Gebietskrankenkassen aufgehen, eine Kasse für Selbstständige (Bauern, Gewerbliche), eine für den öffentlichen Dienst (inklusive Eisenbahner, Bergbau), eine Pensionsversicherungsanstalt und eine Unfallversicherung – außer die AUVA wird gänzlich zerschlagen.
Am weitesten ist die Fusion der Bauernsozialversicherung (SVB) mit jener der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) gediehen. Ein gemeinsamer Träger für alle Selbstständigen habe schon Sinn, sagt SVB-Obfrau Theresia Meier zur „Presse“. Allerdings nur im Rahmen einer „Gesamtveränderung“– und unter der Voraussetzung, dass „berufsspezifische Leistungen“erhalten blieben. Die Zeckenimpfung etwa falle bei den Bauern unter Berufsrisiko, bei anderen Kassen nicht. Außerdem gebe es spezielle Krankheitsbilder wie die Farmerlunge. „Wir schauen derzeit, wo wir uns finden können.“
Ähnlich Alexander Herzog, Vizeobmann der SVA: „Wenn am Ende einer der fünf Träger ein gemeinsamer für alle Selbstständigen ist, werden wir den Prozess unter- stützen.“Allerdings wäre eine Fusion aus technischer Sicht „sehr komplex – schon aufgrund der unterschiedlichen Beitragssysteme“. Eine Zusammenlegung von SVA und SVB war schon 2008 fertig ausverhandelt, scheiterte aber an der Frage, wer wie viel zu sagen hat.
Fraglicher ist die Zukunft der Beamten: Sie sollen nicht in eine neue Pensionsversicherungsanstalt kommen, wie PVA-Obmann Manfred Anderle im März sagte. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) habe ihn nur beauftragt, die Überführung der Selbstständigen, Bauern und Eisenbahner zu prüfen. Als Grund dafür vermutete er, dass Beamte formal nicht in Pension gehen, sondern vom Aktiv- in den Ruhestand versetzt werden.
In Schwebe ist die AUVA. Ob es zur Auflösung oder nur zur Abspeckung kommt, hängt vom Sparpotenzial ab. Die Zerschlagungsidee ist nicht neu: Im Sommer präsentierte der damalige Sozialminister, Alois Stöger (SPÖ), eine Studie der London School of Economics, die vier Reformmodelle beinhaltete. Modell drei sah bereits einen bundesweiten Träger für die Pensions- sowie einen für die Krankenund Unfallversicherung vor.
Berufsrisiko Zeckenimpfung