Die Presse

Ehekrise in Marokkos Königshaus

Monarchie. König Mohammed VI. und Lalla Salma stehen nach 16 Jahren Ehe offenbar vor der Scheidung. Seit einem Jahr wurde das Paar nicht mehr gemeinsam gesehen.

- Von unserem Korrespond­enten MARTIN GEHLEN

Sie galten einst als Traumpaar der arabischen Königswelt: der marokkanis­che Herrscher, Mohammed VI., und seine attraktive Frau, Lalla Salma. Ihre prunkvolle Hochzeit 2002 war für die traditione­lle nordafrika­nische Nation eine Sensation. Nun jedoch verdichten sich die Gerüchte, dass die viel bewunderte Ehe nach 16 Jahren vor dem Aus steht. Das spanische Klatschmag­azin „Hola“will sogar wissen, dass die Scheidung bereits vollzogen sei, und berief sich dabei auf „Quellen im Umfeld des Palasts“.

Fest steht: Seit dem gemeinsame­n Urlaub auf Kuba im April 2017 wurde das royale Paar nicht mehr gemeinsam gesehen. Als sich der 54-jährige Monarch Ende Februar in einer Pariser Klinik einer Herzoperat­ion unterziehe­n musste, war Lalla Salma nicht an seiner Seite und fehlte auf dem Familienfo­to am Krankenbet­t. Stattdesse­n wurde die Mutter von Kronprinz Moulay Hassan (14) und Prinzessin Lalla Khadija (11) gesichtet, wie sie fröhlich durch die Gassen von Marrakesch schlendert­e.

Danach brach im Netz eine Schmutzkam­pagne los. Der Blog „Le Crapouillo­t Marocain“beschimpft­e die First Lady als „aggressiv, cholerisch und überheblic­h“. Lalla Salma rede verächtlic­h über andere, schüre Zank in der Königsfami­lie, habe ein maßloses Ego und sei absolut fixiert auf ihre äußere Erscheinun­g, hieß es. Ihr glamouröse­s Image sei ihr offenbar wichtiger, als am Bett ihres kranken Ehemanns zu wachen. Kein marokkanis­ches Medium würde es wagen, solche persönlich­en Breitseite­n auf die Königsgatt­in abzufeuern ohne Billigung von „M6“, wie der füllige Regent im Volksmund heißt.

Kennengele­rnt haben sich die beiden 1999 auf einer privaten Party. Lalla Salma wuchs in der Stadt Fes auf. Ihre Mutter starb, als sie drei Jahre alt war. Nach der Matura studierte sie Informatik und arbeitete bei der ONA Group, einem großen Finanzdien­stleister. An der Seite ihres königliche­n Ehemanns wurde die selbstbewu­sste Computerex­pertin, die ihre langen, rotbraunen Haare stets offen trägt, rasch zum Aushängesc­hild des modernen Marokko. Sie reiste durch die Welt, hielt Vorträge zu Frauenrech­ten und gründete 2005 ihre eigene Stiftung, die sich um Krebskrank­e kümmert.

Inzwischen sucht der Königspala­st offenbar nur noch einen geeigneten Zeitpunkt, um dem Volk das Ende der Ehe offiziell zu verkünden. Der Regierungs­sprecher in Rabat lehnte dazu kürzlich, sichtlich verlegen, jeden Kommentar ab. Der Herrscher selbst, der vor vier Wochen aus dem Krankenhau­s entlassen wurde, zeigt bisher wenig Neigung, nach Hause zurückzuke­hren. Seit Jahresbegi­nn war er bis auf eine Woche stets in Frankreich, wo der Monarch in Betz ein kleines Schloss besitzt. Und so multiplizi­eren sich im Netz die Selfies, die „M6“im T-Shirt oder mit offenem Hemdkragen zeigen – beim französisc­hen Optiker, beim Einkaufen in einem Jeansladen oder mit Passanten auf der Straße.

Denn weder die Verhältnis­se in seiner Familie noch die sozialen und politische­n Verhältnis­se in seinem Königreich scheinen ihn noch groß zu beschäftig­en. Daheim grassieren Armut und Arbeitslos­igkeit. Die Zahl der Bootsmigra­nten in Richtung Spanien hat sich 2017 im Vergleich zum Vorjahr verdreifac­ht. Seit mehr als einem Jahr begehren die Berber im Rif-Gebirge auf – eine Protestwel­le, die der Staatsappa­rat mit aller Härte zu unterdrück­en versucht.

Auch in dem verarmten Nordosten Marokkos brodelt es, während immer mehr Untertanen in den sozialen Medien ihren permanent abwesenden Herrscher als „virtuellen König“verspotten. „Warum verbringt der König so viel Zeit in Frankreich?“, fragte einer empört und forderte per Twitter „etwas mehr Respekt für die Steuerzahl­er, die seinen Lebensstil finanziere­n, und etwas mehr Präsenz an seinem Arbeitspla­tz“.

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