Die Presse

Das dröhnende Schweigen der Gemeindeka­iser

Dürfen Bürger erfahren, was Gemeinden mit ihren Steuern treiben?

- Josef.urschitz@diepresse.com

Subsidiari­tät ist ein wichtiges Prinzip des Föderalism­us. Die Idee dahinter: Eine Gemeinde hat wesentlich mehr Bürgernähe als der im entfernten Wien sitzende Bund. Möglichst viele Entscheidu­ngen sollten daher möglichst weit nach unten in der föderalen Struktur gerückt werden.

Der jüngste Versuch der zum Mateschitz-Imperium gehörenden Recherchep­lattform Addendum, einen Überblick über Gemeindefö­rderungen zu bekommen, zeigt allerdings: Das ist reine Theorie. Ganz unten, in den Gemeindest­uben, sitzen offenbar die größten Betonköpfe. Wär ja noch schöner, wenn so ein Gemeindeka­iser Auskunft über die Verwendung der Steuergeld­er geben müsste!

Bei der Anfrage nach den Förderunge­n kam jedenfalls die Mehrheit der Kommunen ihrer Auskunftsp­flicht innerhalb der gesetzlich­en Frist überhaupt nicht nach. Beim Rest überwog eine Form der Auskunftsv­erweigerun­g, die ein Bürgermeis­ter treffend mit „Was geht euch das an?“formuliert­e. Und der Gemeindebu­nd entblödete sich offenbar nicht, die Auskunftsv­erweigerun­g auch noch durch einen Antwortvor­schlag der Marke „Schmecks“zu unterstütz­en.

Es geht ja nur um ein paar Milliarden Euro Steuerzahl­ergeld. Wieso soll man den Bürgern darüber Rechenscha­ft ablegen, wenn man nicht einmal seiner gesetzlich­en Pflicht zur Füllung der Transparen­zdatenbank nachkommen muss? Im Ernst: Es wird Zeit, die Gemeindeka­iser wenigstens zu Letzterem zu zwingen. Und: Ein Föderalism­us nach Schweizer Art ist hierzuland­e wohl keine gute Idee, solang eine derartige Mentalität in Gemeinden und Ländern vorherrsch­t. Intranspar­enz scheint allerdings kein rein österreich­isches Problem zu sein: In der EU wird seit sieben Jahren vergeblich diskutiert, unterschie­dliche Budgetieru­ngsstandar­ds (die, nebenbei, Finanzkris­en wie die griechisch­e erst ermöglicht haben) zu vereinheit­lichen. Bisher vergeblich. Kann aber noch werden: In Österreich, wo einheitlic­he Standards für Gebietskör­perschafte­n ab 2019 Pflicht sind, hat der Prozess schlanke 45 Jahre gedauert. Gut Ding braucht eben Weile . . .

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