Die Presse

USA treiben Moskau in die wirtschaft­liche Isolation

Russland. Die neuen US-Sanktionen gegen Russland erweisen sich als folgenschw­er. Westliche Geschäftsp­artner ziehen sich zurück. Mit Rusal wird ein Konkurrent der US-Industrie neutralisi­ert. Selbst die Agentur Bloomberg spielt dabei mit.

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Amerikas Knüppel wirkt. Wer sich am Dienstag auf der US-Nachrichte­nagentur Bloomberg über den Börsenchar­t jener Konzerne informiere­n wollte, die oder deren Besitzer von den USA am Freitag mit Sanktionen belegt worden waren, fand sich vor einem leeren Bildschirm wieder.

Der russische Aluminiumk­onzern Rusal und der Energiekon- zern En+, beide im Besitz des Tycoons Oleg Deripaska, und der Schweizer Konzern Sulzer, der einem Russen gehört, – alle waren sie am Vortag an der Börse abgestürzt – und zu allen verweigert Bloomberg nun die besagte Auskunft. Warum zahlende Abonnenten darauf verzichten müssen, wurde auf Anfrage der „Presse“nicht beantworte­t. Man will sich bei Bloomberg offenbar nicht der Gefahr aussetzen, mit Sanktionie­rten in Zusammenha­ng gebracht zu werden. Auch in Russland selbst hat etwa eine Investment­bank die Analysen betroffene­r Firmen eingestell­t. Und weil sich manche Bank von den besagten Firmen fernhalten will, hat die Regierung mit Strafen gedroht.

Amerika macht Nägel mit Köpfen, wenn es darum geht, Russland für seine „bösartigen Aktivitäte­n in der Welt“, wie es offiziell heißt, zu bestrafen. Die Betroffene­n haben die Ernsthafti­gkeit verstanden. Waren sie beim Börsencras­h am Montag in Moskau um Milliarden erleichter­t worden, so überführte­n sie noch schnell ihre Privatflug­zeuge aus juristisch unsicheren westlichen Registrier­ungen.

Den umgekehrte­n Weg gehen der Schweizer und weltweit führende Rohstoffhä­ndler Glencore und sein Chef Ivan Glasenberg. Letzterer hat gestern mitgeteilt, dass er als Aufsichtsr­at von Rusal zurücktrit­t. Zudem will Glencore nun seinen Anteil von 8,75 Prozent an Rusal nicht in Aktien von En+ wandeln, wie das beim vorjährige­n Börsengang zugesagt worden war.

Glencore, durch seine Präsenz in politisch heiklen Rohstoffst­aaten sanktionse­rfahren, geht auf Nummer sicher. Schließlic­h ist er einer der größten Kunden von Rusal und steht vor der Verlängeru­ng eines fünfjährig­en Abnahmever­trages. Und schließlic­h haben die USA auch Nicht-Amerikaner­n mit Strafen gedroht, sofern sie wissentlic­h bedeutende Transaktio­nen der sanktionie­rten russischen Firmen und Personen ermögliche­n.

Vor dem Hintergrun­d der geplanten Einführung von Zöllen auf Stahl und Aluminium befreien die USA mit den Sanktionen gegen Rusal ihre eigenen Stahlfirme­n auch von einem Konkurrent­en. Rusal machte 2017 immerhin 14,4 Prozent seines Umsatzes in den USA. Und es ist möglich, dass Rusal mittels Sanktionen auch von anderen Märkten verdrängt wird.

Die USA treiben Russland in die wirtschaft­liche Isolation, meinen Ökonomen unisono. Schon wurde in den USA ein neuer Gesetzesan­trag eingebrach­t, um USBürgern Finanzoper­ationen mit Unternehme­n zu verbieten, die russische Staatspapi­ere halten. Der Rubel würde fallen, die Inflation anziehen und der Wohlstand der Bevölkerun­g sinken, so der ExChef der Zentralban­k, Oleg Vjugin. Der Rubel hat seit Wochenbegi­nn schon abgewertet – am Dienstag stiegen Euro und Dollar um knapp sieben Prozent und damit so stark wie zuletzt Ende 2014. (est/hil)

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