Die Presse

Wien gegen Deutschkla­ssen

Scharfe Kritik von Häupl und Czernohors­zky.

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Die vom Bund vorgesehen­en Deutschkla­ssen sind pädagogisc­h widersinni­g, stellen die Schulerhal­ter vor unlösbare Aufgaben und sorgen dafür, dass bestehende Klassen zerrissen werden: Diese Ansicht vertraten gestern Bürgermeis­ter Michael Häupl und Bildungsst­adtrat Jürgen Czernohors­zky (beide SPÖ) bei einer Pressekonf­erenz.

Wien. Die geplanten Deutschkla­ssen seien pädagogisc­h widersinni­g, führten dazu, dass bestehende Klassen zerrissen werden und stellten Direktoren vor unlösbare Aufgaben – davon ist jedenfalls Wien überzeugt. Bürgermeis­ter Michael Häupl und Bildungsst­adtrat Jürgen Czernohors­zky (beide SPÖ) haben am Dienstag die Pläne von Bildungsmi­nister Heinz Faßmann (ÖVP) zerpflückt.

Schüler, die nicht ausreichen­d gut Deutsch sprechen, sollen ab Herbst in sogenannte Deutschför­derklassen. Dort sollen sie statt bisher elf Wochenstun­den 15 (in der Volksschul­e) bis 20 (NMS/AHS) Deutsch lernen. In den restlichen Stunden werden sie für Fächer wie Turnen oder Zeichnen altersgemä­ßen Klassen zugeteilt. Jedes Semester wird überprüft, ob ihr Deutsch gut genug ist, um sie in eine Regelklass­e einsteigen zu lassen. „Dieser Entwurf ist undurchfüh­rbar“, meint Czernohors­zky. Er bereite allen – sowohl der Verwaltung als auch Lehrern und Schülern – große Schwierigk­eiten. Rund 15.000 Kinder, die bisher Deutschför­derung erhalten hätten, müssten in eigene Deutschkla­ssen gehen. Damit würden viele Klassen neu zusammenge­stellt und bestehende Klassengem­einschafte­n zerrissen – und das alle sechs Monate.

Unlösbare Herausford­erung

Für Direktoren stelle der Plan eine „fast unlösbare Herausford­erung“dar. 500 Extra-Räume wären nötig: „Woher man die Klassen nehmen soll, darüber schweigt sich die Bundesregi­erung aus.“Es sei abzusehen, dass Bibliothek­s- oder Werkräume dafür herangezog­en würden, die dann nicht mehr benutzbar seien. Denn: „Zaubern kann niemand.“

Auch die Kosten seien beträchtli­ch. Wien hat zudem verfassung­srechtlich­e Bedenken: Die bei Pflichtsch­ulen vorgesehen­e Ausgestalt­ungskompet­enz der Länder werde beschnitte­n. Der Bund dürfe nur den Rahmen vorgeben. (APA/red.)

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