Ein Militärschlag mit Ansage
Syrien. US-Präsident Trump drohte am Mittwoch Russland unverhohlen mit baldigen Raketenangriffen gegen das mit Moskau verbündete Assad-Regime. Drei Szenarien für eine amerikanische Militäroperation.
Es war ein heftiger Schlagabtausch, den die USA und Russland einander am Mittwoch lieferten. Noch war es ein Krieg der Worte, ausgetragen mit Medienstatements und einem – etwas bizarren – Tweet des US-Präsidenten. Donald Trump drohte darin Raketenangriffe auf Syriens Regime an und garnierte die Nachricht mit der Bemerkung: „Russland, mach dich bereit.“
Der russische Botschafter in Beirut hatte zuvor angekündigt, das russische Militär würde anfliegende US-Marschflugkörper abfangen. Die USA werfen dem Assad-Regime vor, für einen Giftgasangriff in der Stadt Duma verantwortlich zu sein, und wollen es dafür bestrafen. Die verbale Auseinandersetzung zwischen Washington und Moskau zeigte, wie sehr sich die Lage zuspitzte. Syriens Regime soll Soldaten von Flughäfen abgezogen haben, um kein Ziel zu bieten. Die europäische Luftraumkontrollbehörde Eurocontrol mahnte Fluggesellschaften in den nächsten 72 Stunden zu besonderer Vorsicht im östlichen Mittelmeerraum.
Für eine US-Militäroperation gibt es unter anderem folgende Szenarien.
Ein kurzer Luftschlag so wie 2017
Am 7. April 2017 feuerten US-Schiffe etwa 60 Marschflugkörper auf den syrischen Militärflugplatz Schairat ab. Präsident Trump hatte die Operation als Antwort für einen Giftgasangriff in der Stadt Chan Scheichun befohlen. Washington hatte das Regime des syrischen Machthabers, Bashar al-Assad, für den Chemiewaffeneinsatz verantwortlich gemacht. Die USA könnten erneut eine Operation wie vor einem Jahr durchführen: einen kurzen, begrenzten Schlag mit Marschflugkörpern gegen ausgewählte, syrische Militärstützpunkte. Die militärischen Fähigkeiten des Regimes würden damit nicht beeinträchtigt werden. Doch diese Option ist diesmal eher unwahrscheinlich.
Massive, andauernde Luftangriffe
Um die Dosis zu erhöhen, dürfte Trump dieses Mal auf härtere Maßnahmen setzen. Ein Hinweis darauf ist, dass er offenbar eine Koalition schmieden will, an der sich unter anderem Frankreich, Großbritannien, Australien und Saudiarabien beteiligen sollen. Derzeit haben die USA keine Flugzeugträger in der Region. Medien berichten nur von ein bis zwei US-Zerstörern mit Marschflugkörpern im östlichen Mittelmeer. Einer davon ist die USS Donald Cook. Eine größere strategische Operation gegen Syriens Militär müsste deshalb vor allem auch mit U-Booten und strategischen Bombern durchgeführt werden.
Massive Angriffe bergen eine weitaus größere Gefahr einer Eskalation in sich als ein kurzer Luftschlag. Assads Verbündete Russland und Iran könnten dabei kaum untätig zuschauen – vor allem dann nicht, wenn auch eigene Soldaten ums Leben kommen. Das könnte rasch zu einer direkten Konfrontation zwischen russischem und amerikanischem Militär führen.
Aufrüstung der Rebellen
Um dem Regime zu schaden, könnten die USA auch syrische Rebellen aufrüsten. Dabei gibt es aber mehrere Probleme. Das Territorium, das von Syriens Opposition beherrscht wird, ist mittlerweile massiv ge- schrumpft. Das letzte größere zusammenhängende Rebellengebiet ist die Region um Idlib. Dort ist aber die Jabhat Fatah al-Sham die stärkste Kraft. Die Jihadisten waren bis 2016 – ganz offiziell – der syrische Ableger der al-Qaida. Die Region um Idlib steht zudem unter dem Einfluss Ankaras. Obwohl die Türkei stets ein erbitterter Feind des Assad-Regimes war, hat sie bisher keine Ambitionen gezeigt, sich an den US-Angriffen zu beteiligen. Die Türkei verhandelt derzeit mit Russland und dem Iran über eine Lösung für Syrien. Ziel dieses Gesprächsformats ist auch, die USA möglichst draußen zu halten.
Die US-Truppen in Syrien sind in Gebieten stationiert, die von den kurdischen Volksverteidigungseinheiten (YPG) kontrolliert werden. Vorrangiges Ziel Ankaras in Syrien ist es, die YPG zu vertreiben. Die USSoldaten stehen der Türkei dabei im Weg.
Assad-Regime sitzt fest im Sattel
An den Machtverhältnissen in Syrien würden auch US-Luftschläge wohl kaum etwas ändern. Dank der Hilfe Russlands und des Iran sitzt das Regime mittlerweile fest im Sattel. Hätte Trumps Vorgänger, Barack Obama, tatsächlich im Sommer 2013 – wie zunächst angedroht – Luftangriffe durchführen lassen, hätte das damals die Assad-Regierung schwer erschüttern und vielleicht sogar aus Damaskus vertreiben können. Denn zu dem Zeitpunkt kämpften sich die Rebellen aus den Vororten immer weiter in Richtung der inneren Bereiche der syrischen Hauptstadt vor. Stimmen in Washington warnten damals vor einem völligen Zusammenbruch des Regimes – auch aus Sorge, was nach Assad kommen könnte. Heute hat das Regime die Aufständischen aus der Region um Damaskus ohnehin weitgehend vertrieben.