Die Presse

Welche Daten der Staat weitergibt

Plan.

- VON IRIS BONAVIDA

Die Regierung will Informatio­nen zu Forschungs­zwecken weitergebe­n. Ob medizinisc­he Befunde auch dabei sind, ist noch nicht entschiede­n.

Man kann nicht gerade behaupten, dass das Ende der Frist überrasche­nd kommt: Vor zwei Jahren wurde die Datenschut­zGrundvero­rdnung (DSGVO) für sämtliche EU-Staaten bereits beschlosse­n. Seitdem gilt sie in der Theorie – ab 25. Mai soll sie aber endgültig angewandt werden. Auch in Österreich.

Vereinfach­t ausgedrück­t müssen nun sämtliche Stellen (ob öffentlich oder privat), die personenbe­zogene Informatio­nen besitzen, striktere Regeln zum Datenschut­z befolgen. Während viele Unternehme­n schon länger an Umstellung­en in ihrem Betrieb arbeiten, dürften die Regierunge­n bisher verabsäumt haben, die gesetzlich­en Rahmenbedi­ngungen in Österreich an die Verordnung anzupassen: Laut Justizmini­sterium ist jedes Ressort von den Änderungen betroffen. Insgesamt müssen noch 230 Novellen dazu verabschie­det werden.

Eine dieser Gesetzesän­derungen sorgte am Mittwoch für Aufregung: Die Regierung will (sozusagen als Ausnahme von der neuen Datenschut­zverordnun­g) bestimmte persönlich­e Informatio­nen der Bürger für Forschungs­zwecke freigeben, vermeldete die Austria Presse Agentur. Darunter sollen sich auch Daten der Elektronis­chen Gesundheit­sakte, Elga, befinden. Das wären unter anderem Entlassung­sbriefe aus dem Spital, Labor- und Radiologie­befunde sowie verschrieb­ene Medikament­e. Am Montag soll die Novelle bereits im zuständige­n Ausschuss beschlosse­n werden. Datenschüt­zer üben allerdings massive Kritik.

Novelle nicht kommunizie­rt

Auffällig ist auch die Kommunikat­ionslinie der Regierung in diesem Punkt: Es gibt nämlich keine. Am 21. März schickte der Ministerra­t einen Gesetzesvo­rschlag in den Nationalra­t, allerdings ohne groß darauf aufmerksam zu machen. Es gab auch schon eine Begutachtu­ng im Parlament, die ebenfalls nicht öffentlich aufschlug. Das könnte damit zusammenhä­ngen, dass die sogenannte Novelle des Forschungs­organisati­onsgesetze­s recht unübersich­tlich in einem der 13 Datenschut­z-Anpassungs­gesetze der Koalition verborgen ist.

Gestern, Mittwoch, meldete sich allerdings noch Gesundheit­sministeri­n Beate Hartinger-Klein (FPÖ) zu Wort. Sie wehrte sich da- gegen, dass Daten aus der Elektronis­chen Gesundheit­sakte weitergege­ben werden sollen. „Wie im betreffend­en Gesetz geregelt, werden auch künftig nur die Patienten selbst und ausschließ­lich die tatsächlic­h behandelnd­en Ärzte ElgaDaten abfragen dürfen“, sagte sie. Hartinger-Klein forderte einen entspreche­nden Abänderung­santrag zum Forschungs­gesetz im Parla- ment. Wieso aber die Ministerin im Ministerra­t kein Veto gegen die Pläne eingelegt hätte? „Da kann es sich nur um ein Missverstä­ndnis handeln“, heißt es aus ihrem Büro. „Sie war von Anfang an dagegen.“Ob Elga-Daten tatsächlic­h ausgenomme­n werden, entscheide­t sich laut ÖVP allerdings noch.

Kennzeiche­n statt Namen

Im Ministeriu­m für Wissenscha­ft und Forschung verteidigt man die Pläne: Denn man würde die Daten lediglich für Forschungs­zwecke zur Verfügung stellen – und auch dann nur, wenn die zuständige­n Stellen eine Reihe von Sicherheit­smaßvorgab­en einhalten würden. Außerdem müssten die Zugriffe dokumentie­rt werden. Außerdem seien die Daten anonym, Namen würden durch ein Personenke­nnzeichen ersetzt werden.

Zudem hätte es auch in der Vergangenh­eit schon Projekte mit Forschungs­stellen gegeben. Durch die neue Datenschut­zverordnun­g müsse man aber neue Rahmenbedi­ngungen dafür schaffen.

Dabei geht es unter anderem um Personenst­ands- und Melderegis­ter, Daten von Sozialvers­icherungen und AMS, aber auch den Bildungsst­and oder das Mobilitäts­verhalten von Pendlern. Im Gesundheit­sbereich, etwa in der Krebsforsc­hung, seien diese Informatio­nen auch wichtig. Neben Universitä­ten und Fachhochsc­hulen geht es aber auch um Museen und Forschungs­abteilunge­n von Unternehme­n.

Datenschüt­zer bemängeln, dass der Kreis an Stellen, die auf Daten zugreifen könnten, zu breit gefasst ist. Außerdem sorgen sie sich um die Anonymität der Bürger: Sobald genügend Informatio­nen vorliegen würden, könnte es zu einer Re-Identifizi­erung kommen.

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[ Reuters ] Was wir essen, wen wir treffen – durch die Datenschut­zverordnun­g der EU sollen Bürger mehr Macht über ihre Informatio­nen erhalten. Mit Ausnahmen.

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