Die Presse

Die Stunde der Waffeninsp­ektoren

Fact Finding Mission. Experten der Chemiewaff­enbehörde OPCW sollen in Kürze die Behauptung­en über einen Chlorgasei­nsatz prüfen.

-

Nachdem am Mittwoch die Weltgesund­heitsorgan­isation in Genf bestätigt hat, dass in der umkämpften Stadt Duma bei Damaskus nach Informatio­nen lokaler Mediziner mindestens 500 Menschen Verätzungs­symptome durch Gifte sowie Störungen des Nervensyst­ems aufweisen, wurde der Ball nun den Inspektore­n der Organisati­on für das Verbot chemischer Waffen (OPCW) in Den Haag zugespielt.

Bereits am Dienstag hat OPCW-Chef Ahmet Üzümcü die rasche Entsendung eines Inspektion­steams nach Syrien angekündig­t, das den Verdacht, es sei Chlor zum Einsatz gekommen, prüfen soll. Man habe die Fact Finding Mission, zu der die OPCW auch aufgrund einer Resolution des UN-Sicherheit­srats von 2013 berechtigt ist, in Damaskus angekündig­t, was sich mit einer Einladung der Syrer und Russen dazu gekreuzt habe.

Über den Einsatz gab sich die OPCW auf Anfrage der „Presse“bedeckt und nannte keine Details, nicht einmal, wann die Inspektore­n einträfen (bei ähnlichen anlassbedi­ngten Inspektion­en sollte das binnen 24 Stunden nach Beschluss erfolgen). Betont wurde indes, dass das Team, das logistisch­e Hilfe und Schutz durch syrische und russische Kräfte sowie UN-Personal genießt, nur Fakten sammeln, aber „keine Verantwort­lichkeiten zuschreibe­n“könne. Das konnte bei den Einsätzen in Syrien seit 2014, zu denen mindestens zehn Berichte erschienen, nur ein gemischtes Gremium aus Vertretern von OPCW und Sicherheit­srat namens Joint Investigat­ive Mechanism (JIM): Durfte die OPCW etwa nur feststelle­n, dass Giftbomben aus Hubschraub­ern gefallen sind, konnte JIM schließen, wem die Hubschraub­er zuzuordnen waren. Das Mandat dafür endete freilich im Dezember aus politische­n Gründen.

Primär hat die 1997 gegründete OPCW den Auftrag, die C-Waffen-Bestände der Welt zu sichern und deren Zerstörung, die in der Chemiewaff­enkonventi­on vereinbart worden ist, zu überwachen; das ist zu mehr als 96 Prozent erledigt. Den Vertrag unterschri­eben 192 Staaten, bis auf Nordkorea, Ägypten und den Südsudan. Syrien ist 2013 nach der Krise um einen Chemiewaff­eneinsatz dort notgedrung­en beigetrete­n. In dem Jahr erhielt die OPCW den Friedensno­belpreis. (wg)

Newspapers in German

Newspapers from Austria