Die Presse

Fall Puigdemont: Deutsche Richter irrten bei Datum

Die Urteilsbeg­ründung des Oberlandes­gerichts war fehlerhaft.

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Im Fall des katalanisc­hen Separatist­enchefs, Carles Puigdemont, unterlief Schleswig-Holsteins Oberlandes­gericht (OLG) ein Fehler in seiner 16-seitigen Begründung, die der „Presse“vorliegt. Und zwar ein gravierend­er Schnitzer bei einem Tatdatum.

Die schnelle Vorentsche­idung des Ersten Strafsenat­s des OLG am 5. April hatte alle überrascht. Das deutsche Rechtshilf­egesetz hätte 60 Tage Spielraum ermöglicht. Der frühere katalanisc­he Ministerpr­äsident war am 25. März nach der Einreise aus Dänemark in Schleswig-Holstein festgenomm­en worden.

Doch schon zwei Tage, nachdem die Generalsta­atsanwalts­chaft Schleswig-Holstein am 3. April die Überstellu­ng Puigdemont­s an Spanien für zulässig erklärt und einen Auslieferu­ngshaftbef­ahl beantragt hatte, erklärten die Richter eine Auslieferu­ng wegen „Rebellion“für unzulässig. Und sie äußerten Zweifel am Vorwurf der Veruntreuu­ng, dem zweiten Auslieferu­ngsgrund.

Doch sie setzten ein falsches Datum hinsichtli­ch der mutmaßlich­en Zweckentfr­emdung öffentlich­er Mittel durch Puigdemont fest. Laut OLG bewilligte die katalanisc­he Separatist­enregierun­g am 31. Oktober 2017 die Erstellung von Wahlmateri­alien und Wählerlist­en für das illegale Unabhängig­keitsrefer­endum, für das nach spanischen Ermittlung­en 1,6 Millionen Euro Steuergeld­er ausgegeben wurden. In Wirklichke­it beschloss die Puigdemont-Regierung dies jedoch schon am 7. September.

Der Fehler hätte jedem der drei Strafkamme­r-Richter, die den OLG-Beschluss unterschri­eben, auffallen müssen. Denn das Referendum fand bereits am 1. Oktober 2017 statt. Am vom Gericht angeführte­n Datum, dem 31. Oktober, war die Puigdemont-Regierung schon nicht mehr im Amt, weil sie am 27. Oktober durch Spaniens Staatsregi­erung per Dekret abgesetzt worden war.

Die Sprecherin des OLG, Frauke Holmer, maß dem Irrtum gegenüber der „Presse“keine größere Bedeutung bei und sprach von einem „offensicht­lichen Schreibfeh­ler“, der am Mittwoch korrigiert worden sei. Sie betonte, dass dieser Fehler „auf die Entscheidu­ng des Senats keinen Einfluss hatte“.

Liest man die OLG-Begründung, kann man zu anderer Auffassung kommen. Denn dort zweifeln die Richter, ob die Referendum­skosten „nach Absetzung der Regionalre­gierung“noch aus Steuergeld­ern bezahlt wurden. Oberstaats­anwältin Wiebke Hoffelner äußerte gegenüber der „Presse“„Unverständ­nis“über diesen Schnitzer.

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Von unserem Korrespond­enten RALPH SCHULZE

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