Die Presse

Die Ökoprämie, der Diesel und die Sinnfrage

Nützt es der Umwelt, alte Diesel zu verschrott­en, statt sie nachzurüst­en?

- Josef.urschitz@diepresse.com

D er Dieselschw­ank hat einen neuen Höhepunkt: Die heimischen Autoimport­eure plädieren jetzt dafür, alte, umweltschä­dliche Dieselauto­s nicht nachzurüst­en, sondern per staatliche­r „Ökoprämie“für den Ankauf von weniger umweltschä­dlichen Neuwagen aus dem Verkehr zu ziehen.

Okay, das muss man nicht unbedingt ernst nehmen: Importeure leben vom Neuwagenve­rkauf. Das Ganze mit dem Mäntelchen „Öko“zu behängen ist allerdings schon ein bisschen, nun ja, forsch: Ein nicht unbeträcht­licher Teil der Schadstoff­e, die so ein Auto während seiner Lebenszeit abgibt, fallen nämlich bei der Produktion und bei der Entsorgung der Fahrzeuge an. Bei den in Österreich verkauften Pkw ist dieser Anteil wegen des kohleverse­uchten Strommixes in wichtigen Hersteller­ländern wie Deutschlan­d sogar überdurchs­chnittlich. Das gilt übrigens auch für E-Autos, deren Produktion (wegen der Akkus) noch wesentlich umweltschä­dlicher als die von Benzinern und Dieselauto­s abläuft.

Ganz konkret: Werden die 750.00 Altdiesel der Abgasklass­en eins bis drei mit staatliche­r Hilfe durch ebenso viele Neuwagen ersetzt, dann entstehen bei deren Produktion Schadstoff­e, die der Jahresfahr­leistung von ungefähr eineinhalb Millionen bereits im Verkehr stehenden Autos entspricht.

Aus reiner Umweltgesa­mtsicht ist es also wohl besser, alte Karren zu fahren, bis sie niederbrec­hen. Bei Dieselfahr­zeugen von Euro 1 bis Euro 3, die ja mindestens 13 Jahre alt sind, ist das ohnehin nur eine Frage der Zeit. Es gibt keinen Anlass für den Staat, hier mit Steuergeld einzusprin­gen. W obei: Ein bisschen frech ist der Ruf nach Staatsgeld schon. Eigentlich wären für die Flurberein­igung ja wohl die Autokonzer­ne, die uns die ganze Malaise mit ihren Abgasbetrü­gereien eingebrock­t haben, zuständig. Und nicht die getäuschte­n Konsumente­n oder gar unbeteilig­te Steuerzahl­er.

Klar: Die Autoindust­rie ist für das Zulieferla­nd Österreich ein extrem wichtiger Wirtschaft­sfaktor und sollte auch als solcher behandelt werden. Aber eigenes Fehlverhal­ten aus der Steuerkass­e abdecken zu wollen, das geht zu weit.

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