Jedes Stück eine Herausforderung
Ein edles Gemälde, ein empfindliches klinisches Gerät oder das Equipment für eine simulierte Mars-Mission – spezielle Fracht braucht spezielle Logistik.
Es schien eine ganz alltägliche Aufgabe zu sein: Zwei 4,5-Tonnen-Container sollten von Innsbruck in den Oman gebracht werden. Doch der Blick auf den Auftraggeber, das Österreichische Weltraum Forum (ÖWF), machte rasch klar, dass dieser Transport eine Herausforderung sein würde, schließlich ging es um das Equipment für die internationale Mars-Simulation „Amadee-18“. „Mit an Bord waren das Gewächshaus der italienischen Raumfahrtagentur, Generatoren, zwei Marsanzug-Simulatoren und elektrisch betriebene Weltraumfahrzeuge“, erzählt Missionsleiter Gernot Grömer vom ÖWF. Alles weltweit einzigartige, hochsensible, oft extrem vibrationsempfindliche Teile, die sich aber durch die jeweiligen kli- matischen Anforderungen dennoch deutlich unterschieden haben. „Ein heikler Punkt war weiters das Gefahrgut“, erinnert sich Martin Neuwirth, Gefahrgutbeauftragter des eingesetzten Logistikers DB Schenker. Mit an Bord waren etwa Säureakkus und 400 Kilogramm Lithium-Ionen-Batterien, die als Gefahrgut unterschiedlich klassifiziert sind und daher getrennt verpackt werden mussten. Aber nicht nur der logistische Aufwand war groß, sondern auch der bürokratische. „Dass Raumanzüge aus der EU ausgeführt werden, ist nicht alltäglich, daher gab es keine Zollnummer“, sagt Grömer.
Erfahrung mit dem Transport heikler Güter hat auch Peter Minichmayr, Eigentümer des Hightech-Logistikers Frachtmeister. Er befördert unter anderem medizintechnische Geräte – immer wieder wechseln Labors und sogar ganze Krankenhäuser den Standort. Um die vibrationsempfindliche Gerätschaft zu schützen, wird sie teilweise in rollenden Wannen transportiert, und zwar mit luftgefederten Fahrzeugen. Erschütterungsindikatoren helfen nachzuvollziehen, wo ein Gerät am stärksten beansprucht wurde – sei es beim Verladen, sei es beim Transport, sei es, dass ein Gerät von selbst die Kalibrierung verändert hat. „Das ist auch eine Haftungsfrage“, sagt Minichmayr.
Doch nicht nur Erschütterungsfreiheit ist beim Transport medizinischer Güter ein Thema. „Bei der Übersiedlung von Labors muss man auch darauf achten, dass nichts in eine Schräglage gerät, damit die Proben nicht auslaufen“, erzählt der Frachtmeisterchef. Die Einhaltung der Kühlkette stelle oft eine weitere Herausforderung dar. „Bei der Übersiedlung der Med-Uni Innsbruck gab es Tiefkühler mit minus 90 Grad.“Um eine konstante Temperatur gewährleisten zu können, kommen Spezial-Lkw mit separater Stromversorgung zum Einsatz. „Wir fahren aber auch mit Klimakoffern, die auf bis zu minus 200 Grad einstellbar sind“, erläutert Minichmayr, für den eine gute Vorbereitung das Um und Auf darstellt. So habe die Vorlaufzeit bei der Übersiedlung der Med-Uni Innsbruck mehr als ein Jahr betragen. Dabei wird etwa geklärt, ob Gefahr- oder Schwergut transportiert wird und ob Außenkräne oder Ähnliches erforderlich sind. Auch die Statik ist immer wieder Thema.
Heikel ist ebenso der Transport von Kunstobjekten wie Bildern oder Skulpturen. Dazu Georg Ortner, Kogründer von BoPart: „Man muss sich die Örtlichkeiten genau anschauen und fragen: ,Wie viele Männer brauche ich? Sind Treppen zu überwinden? Brauche ich einen Kran?‘“Schließlich müsse die Unversehrtheit sichergestellt werden, da jeder Schaden eine Wertminderung des Objekts darstelle. Angesichts dessen werden nicht nur Örtlichkeit und Wege genau unter die Lupe genommen, sondern auch die Verpackung wird individuell angepasst. Bilder werden in der Regel in Spezialpapier und Luftpolsterfolie eingewickelt, dann in einem Karton und zuletzt in einer eigens angefertigten Holzkiste verstaut. „Sehr klimaempfindliche Objekte oder Übersee-Transporte kommen in eine spezielle Klimakiste“, sagt Ortner. Diese seien zusätzlich gedämmt und lackiert, um auch etwaige Wasserschäden zu vermeiden. Ebenfalls von großer Bedeutung sei die Sicherheit. GPS-Ortung in den Fahrzeugen sei Standard, und im betriebseigenen Lager gibt es Hochsicherheitszonen und Kameras.
Mindestens genau so wichtig wie die Technik sind für alle Befragten bestmöglich ausgebildete Mitarbeiter. Spezielle Kurse zu Verpackungs- und Tragetechniken stehen daher auf dem Stundenplan. „Die Mitarbeiter sollten aber auch Verständnis und einen Sinn für das Schöne haben“, sagt Ortner. Denn eines sei sicher: „Jedes Objekt ist eine Herausforderung.“